Die Sache mit den wahren Freundschaften
Zuccheros "Chocabeck" ist eine Reise in die Vergangenheit
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Die Sache mit den wahren Freundschaften
Zuccheros "Chocabeck" ist eine Reise in die Vergangenheit
18.11.2010 Seit über 20 Jahren gehört Zucchero zum Kanon italienischer Musik. Sein Paul-Young-Duett "Senza Una Donna" war einer der größten Hits der Frühneunziger, er arbeitete bereits mit Größen wie Eric Clapton, Sting oder Bono. Dieser Tage erscheint Zuccheros neues Werk "Chocabeck" (VÖ: 19.11.): eine zurückgelehnte Platte, die den 55-Jährigen von einer etwas anderen Seite zeigt. Weniger Bluesrock, mehr Italo-Pop.
"Chocabeck" erzählt die Geschichte eines Dorfes in Italien. Ihr Heimatdorf?
Zucchero: Ja, vielleicht. Wissen Sie, ich wuchs in einer kleinen Gemeinde in der Provinz Reggio Emiglia auf. 2.000 Einwohner, viele Bauernhöfe. Es war ein armer Ort, auch wir waren nicht reich. Aber wir waren glücklich. Überall liefen Kinder herum, daran erinneere ich mich. Es gab eine Schule, eine Kirche, eine Bar. Der Lehrer und der Barmann waren die Autoritäten der Stadt. Besonders der Barmann. Als war wir jung waren, versuchten wir immer, uns in die Kneipe hereinzuschmuggeln (lacht).
Was vermissen Sie an jener Zeit?
Zucchero: Die Leute halfen sich damals. Sie waren füreinander da, ohne Wenn und Aber. Und das ist anders geworden. Freundschaften sind heute etwas, das im Internet stattfindet, bei Facebook. Ein Wettbewerb, eine Sache, mit der man sich rühmt. Ich glaube, es ist besser, weniger Freunde zu haben, die dafür echte Freunde sind.
Benutzen Sie denn diese neuartigen Methoden der Kommunikation?
Zucchero: Ach, nein. Ich weiß doch nicht mal, wie man einen Computer anmacht. Also, natürlich arbeite ich mit Computern, wenn ich Musik mache, aber da habe ich Leute, die mir helfen. Ich kann mir nicht vorstellen, eine Nacht vor dem Internet oder vor diesem Facebook zu verbringen. Es klingt nach Zeitverschwendung. Ich bin eher ... organisch.
Dabei macht auch Ihr neues Album den Eindruck, als ob Sie Gott und die Welt kennen würden. Brian Wilson singt Background Vocals, Iggy Pop schrieb für Sie, Bono erarbeitete den Text von "Someone Else's Tears" ...
Zucchero: Bono und ich sind gute Freunde. Und es ist ein ausgesprochener Glücksfall, dass Bono den Text für mich schrieb. Das Besondere: Die Botschaft, die er in den Song legte, war genau die, die ich für das Stück ebenfalls im Kopf hatte. Brian Wilson rief mein Produzent und Freund Don Was an, weil er den Eindruck hatte, dass seine Stimme gut mit meiner harmonieren könnte. Und was soll ich sagen - er hatte recht.
Sie haben in der Vergangenheit mit Größen wie Eric Clapton, Joe Cocker, Paul Young und Miles Davis gearbeitet. Wie kommen solche Kollaborationen zustande?
Zucchero: Das Geheimnis ist, dass so etwas natürlich ablaufen muss. Es geht nicht darum, dass dein Manager deren Manager anrufen muss. Es hat eher etwas mit gegenseitigem Respekt und eben mit Freundschaft zu tun. Und ich bin da früher sehr naiv herangegangen. Ich dachte mir: Wenn ich ein Gitarrenlick auf meiner Platte haben möchte, das nach Jeff Beck klingt - dann frage ich am besten Jeff Beck an. Das ist doch naheliegend.
Das sind zum Teil Musiker, die in Ihrer Jugend Ihre Idole waren. Sind Sie nervös, wenn Sie mit jemandem wie Miles Davis auf der Bühne stehen?
Zucchero: Am Anfang bin ich sehr schüchtern und sehr respektvoll. Ich habe stets Angst, etwas zu sagen, dass sie nicht mögen oder vielleicht in meinen Komplimenten zu übertreiben. Aber auf der anderen Seite bin ich ein ganz natürlicher Typ. Ich bin kein Star. Ich möchte nur einen Gedankenaustausch. Über Musik, über das Leben. Und eigentlich funktioniert das immer. Nehmen sie Joe Cocker. Zu Woodstock-Zeiten schien er unerreichbar. Heute ist er ein guter Freund.
"Chocabeck" ist eine eher poppige Platte, die nach Italien klingt, nach einem müden Sonntagnachmittag, nach leckerem Essen. Bekannt wurden Sie durch Ihre Liebe zum Blues. Wie kam der zu Ihnen?
Zucchero: Er wohnte nebenan, als ich ein Kind war. Mein Nachbar war ein Amerikaner. Ein Schwarzer, der an der Universität in Bologna studierte. Er hatte bei uns im Dorf dieses Haus gemietet und besaß einen Plattenspieler und viele, viele Platten, die man bei uns sonst nie gehört hätte. "Sitting On The Dock of The Bay" von Otis Redding habe ich bei ihm das erste Mal gehört, später kamen Ray Charles und Aretha Franklin dazu. Ich war acht Jahre alt, saß vor diesem Grammofon und dachte: So etwas habe ich noch nie gehört. Solche Musik kann viel mehr als das, was bei uns auf dem Dorf läuft.
In den 80er-Jahren gingen Sie dann nach Amerika. War das die Erfüllung eines Traumes?
Zucchero: Ja und nein. Ja, weil ich es unbedingt wollte und dort fantastische Menschen kennenlernte. Nein, weil ich am Anfang sehr eingeschüchtert war. Ich erinnere mich noch gut, wie ich das erste Mal durch New York fuhr. All diese Hochhäuser. Dieses Gefühl, dass man ihre Spitzen nicht sieht, wenn man im Auto sitzt. Ich dachte wirklich, dass sie jeden Moment über mir zusammenstürzen könnten! Aber San Francisco war ein Traum. Die Landschaft, diese Hügel. Und so viele Italiener. Es war nicht besonders schwer, sich heimisch zu fühlen.
Eine Option für den Lebensabend?
Zucchero: Nein, und wissen sie warum? Die Restaurants schließen in Amerika zu früh. Wenn man bis zehn im Tonstudio war und dann noch Hunger hat, findet man kein Restaurant mehr mit offener Küche. Dann muss man Burger oder Hot Dogs oder anderen Fastfood-Unsinn essen. Das Essen ist definitiv einer der Gründe, aus denen ich mit Herz und Seele Italiener bin.
... was sich im Albumtitel wiederfindet.
Zucchero: Ganz genau. Essen und Trinken spielte bei uns immer eine sehr große Rolle. Tut es auch heute noch, ich baue schließlich meinen eigenen Wein an. Aber wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, kommen mir auch viele gemeinsame Feste, viele gemeinsame Tafeln in den Sinn. Und "Chocabeck" ist ein Ausdruck, der aus dieser Zeit stammt. Ein Dialekt-Ausdruck für ein Geräusch. "Choca" ist so eine Art Schnalzen, "Becco" bedeutet Schnabel. Mein Vater sagte das immer, wenn ich Hunger hatte und einen Nachtisch wollte. "Chocabeck". Das bedeutete, dass einfach nichts da war.
Zucchero auf Deutschland-Tournee
21.05.2011, München, Olympiahalle
22.05.2011, Stuttgart, Porsche Arena
24.05.2011, Berlin, O2 World
25.05.2011, Düsseldorf, Phillipshalle ~ Jochen Overbeck (teleschau)
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