"Danke, Bill!"
Die Arcitic Monkeys melden sich - zumindest musikalisch - erwachsen zurück
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"Danke, Bill!"
Die Arcitic Monkeys melden sich - zumindest musikalisch - erwachsen zurück
21.08.2009 Die Arctic Monkeys verpassten vor vier Jahren, damals eine blutjunge Band aus dem englischen Sheffield, dem Indie-Rock ein neues Kleid. Eingängige Melodien und präzise, altersgerechte Texte von bestechender Schlichtheit und Intelligenz formten ein Erfolg versprechendes Ganzes. Jetzt sind die vier Musiker bei "Humbug", ihrem dritten Album angekommen und offenbar alt genug für einen musikalischen Richtungswechsel. Aber immer noch jung genug, um wie unnütze Slacker in der großen Pause zu wirken.
Morgens halb elf in Deutschland: Gitarrist Jamie Cook und Bassist Nick O'Malley sitzen auf dem Sofa, trinken einen Tee mit Milch, der Schlaf sitzt Bassist Nick noch in den Augen und offenbar auch im Hals. Er wird immer wieder von einem Hustenanfall gebeutelt, wenn er nicht gerade Nachrichten auf seinem Handy verschicken muss.
Jamie, mehr der Mädchentyp, spricht heftigen Slang und ist um keinen Witz verlegen. Man darf sich dann herantasten, welcher Teil seiner Antworten stimmt und welcher nicht. Er klärt bereitwillig auf. Die Aussage: "Ich bin früh immer wach und abends penn ich um 12 auf dem Sofa ein, wenn wir nicht unterwegs sind" ist dann doch wahr. Der Anhang "vielleicht ein gesundheitliches Problem" war dagegen "nur Spaß". Bassist O'Malley dagegen gehört "zu den faulen Menschen, die 10 Uhr morgens sehr früh finden. Mein natürlicher Rhythmus passt zu meinem Beruf als Musiker." Obwohl die zwei in den Seilen hängenden Herren wirken, als würden sie gar nichts tun, bevor sie einer anschreit, ihr Zimmer aufzuräumen, bezeichnen sie ihre Mitgliedschaft bei den Arctic Monkeys als Beruf. Wobei auch "Humbug" klingt, als ob dahinter keine sonderlich große Anstrengung stand.
Irgendwie scheint es beim Quartett sowieso seit jeher einfach zu laufen: Nach einer erstaunlichen Anzahl an Downloads, veröffentlichten sie vor vier Jahren ihre erste Single "I Bet You Look Good On The Dancefloor" und landeten in Großbritannien damit prompt auf Nummer eins. Eine Sensation, die mit dem Album "Whatever People Say I Am, That's What I'm Not" nicht geschmälert wurde. Sich mit dem Nachfolger "Favourite Worst Nightmare" fortsetzte und nun mit dem von Josh Homme (Queens Of The Stone Age) aufgenommenen "Humbug" seinen Höhepunkt finden soll. Dabei lehnt sich ihr drittes Album mitunter weit aus dem Fenster, probiert neue Stile aus.
Ja, man darf ihr drittes Album musikalisch durchaus als "gereift" bezeichnen. Aber jener Prozess des Erwachsenenwerdens ist womöglich sogar leichter als das Leben als Rockstar. Aus einer englischen Arbeiterstadt kommend, ist der Umgang mit dem Erfolg gar nicht so einfach, zumal das Quartett höchstens auf dem Papier erwachsen war, als der Hype anfing. Man wird geflogen, gefahren, bedient, eigentlich egal, wo man ist und was draußen vor sich geht.
Jamie Cook gibt zu, dass es manchmal wirklich schwierig sei, mit der Realität in Kontakt zu bleiben. "Aber wir kommen zwischendrin immer auch zurück nach Sheffield, wo die Arbeitslosigkeit massiv ist", ergänzt O'Malley. "Wir sehen unsere Freunde, die keinen Job haben, das berührt dich. Da bist du schnell wieder drin in der Wirklichkeit und darfst dich auch mal scheiße fühlen, weil es dir so gut geht." Er lacht. So ganz ernst meint er es wohl nicht, fügt aber noch an: "Ich erinnere mich an Zeiten, in denen ich sehr wenig verdient habe, vor den Arctic Monkeys, aber ich habe mich deswegen nicht schlecht gefühlt. Geld macht mich nicht glücklich, macht niemanden glücklich."
Cook schaut vom Sofa auf: "Wir sind immer noch keine Menschen, die das Geld zum Fenster rauswerfen und sich dann gut fühlen." Dazu weiß er eine Geschichte: "In Sheffield sind gerade Massen an Studenten unterwegs, die einen zum Beitritt in gemeinnützige Vereine überreden wollen. Einmal in der Shopping Mall, rennen mindestens fünf Leute auf dich zu, springen dir geradewegs vor die Füße." Es kommt Bewegung in ihn, er schlägt sich ins Gesicht. "Das brauch ich nicht. Nein, ich schreibe meine Kontonummer nicht auf dein Blatt Papier, Alter. Dann sag ich, dass ich eine Verabredung habe, mein Parkticket ausläuft, in solchen Situationen lügt man eben."
Apropos Lüge - oder wenigstens Unwahrheit: Mit etwas Abstand betrachtet: Wie war das mit dem Internet-Hype damals? Alles nur von der Presse aufgebauscht? Wer half hier eigentlich wem, wer ist Henne und wer das Ei? Gitarrist Jamie Cook hängt die Zunge ein kleines Stück aus dem Mund. Er denkt nach: "Die Erklärung lautet, keiner kann sagen, wieso das passiert ist. Die Medien müssen eine Geschichte erzählen, uns zu einem Phänomen machen." Ob die Musik gut war, sie nur Glück hatten und zur rechten Zeit am rechten Ort vermag keiner zu sagen. O'Malley schließt mit einem letzten Rühren in der mittlerweile leeren Teetasse und einem letzten Gag: "Es war Bill Gates, wenn du mich fragst. Ich denke, er ist auf unserer Seite, und ich bin froh, ihn im Team zu haben. Wenn du das liest: Danke, Bill!" ~ Claudia Nitsche (teleschau)
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