Christina Aguilera

Ende des Rollenspiels?


Christina Aguilera veröffentlicht "Bionic"

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Ende des Rollenspiels?

Christina Aguilera veröffentlicht "Bionic"

11.06.2010 Sie ist die bessere Britney Spears. Die schlechtere Madonna. Die blassere Lady Gaga. Vergleiche mit anderen Sängerinnen begleiten Christina Aguilera auf Schritt und Tritt - ganz gleich, wie berechtigt oder angebracht sie sein mögen. Da darf man sich ruhig fragen, ob der Titel der ersten Single ihres neuen Albums "Bionic" ironisches Spiel mit den Erwartungen oder schlichtweg Bestätigung lange gehegter Vermutungen ist: "Not Myself Tonight". Dabei hatte Aguilera eigentlich schon immer einen sehr eigenen Kopf und weiß meist genau, was sie will.

Ihr Problem allerdings: mangelnde Selbstsicherheit. "Sie hat diese vollkommen verdrehte Meinung, dass sie nicht cool sei. Sie ist übermäßig selbstkritisch", sagt die australische Sängerin und Songwriterin Sia, die für "Bionic" mit Aguilera zusammenarbeitete. Früher ließ Aguilera sich dadurch auch behindern. Ihr erstes, selbstbetiteltes Album (1999) war weitgehend durch ihr Management bestimmt: Bubblegum-Pop in Reinform, wie er zu dieser Zeit im Trend lag. "Christina Aguilera" war auch ein großer Erfolg - aber nicht das, was die damals 19-Jährige wollte. Sie hatte sich zu einer Musik und zu einem Image drängen lassen, mit denen sie nicht einverstanden war.

Christina Aguilera - F

Schließlich folgte der Befreiungsschlag: Aguilera trennte sich von ihrem Manager und setzte sich mit neuen Songschreibern zusammen, traf dabei mit verschiedenen Indie- und HipHop-Künstlern auch die eine oder andere abseitige Wahl. Auf ihrem nächsten Studioalbum "Stripped" (2002) hatte sie die meisten Songs zumindest mitgeschrieben.

Es blieb nicht allein beim musikalischen Wandel; Aguilera färbte sich den braven Blondschopf schwarz, zelebrierte aggressiv die eigene Sexualität und nannte sich "X-Tina". Gut möglich aber auch, dass sie erst in dieser Rolle ihre eigenen musikalischen Vorstellungen verwirklichen konnte, dass sie sich hinter "X-Tina" verstecken musste, um ihren Willen durchzusetzen. Auch für das dritte Studioalbum "Back To Basics" (2006) legte sie sich eine Rolle an; diesmal war sie "Baby Jane", angelehnt an einen psychotischen Ex-Kinderstar aus einem alten Hollywoodthriller.

Und jetzt? Nach ihrer Babypause springt Aguilera auf den derzeit durch die gesamte Popszene rasenden Elektrozug auf. Anders jedoch als einige ihrer Kollegen durchaus mit Sachverstand. Zur Unterstützung holte sie sich Experten wie M.I.A., Ladytron oder die feministischen Elektropunks Le Tigre. Das kostete allerdings Überwindung: "Ich bin ein wenig eingeschüchtert und aufgeregt, wenn es um Leute geht, die ich als Künstler wirklich verehre und respektiere. Mein Mann sagte mir, 'Wenn du diese Typen so liebst, warum sprichst du sie nicht an?' Er musste mir diesen kleinen Schubs geben, um mich dazu zu bringen, auf Leute zuzugehen", erzählt sie.

Allmählich aber scheinen die Tage gezählt zu sein, in denen Aguilera solche kleinen Schubser wirklich braucht. Mit knapp 30 Jahren hat die Sängerin mit ihrer eigenen tragischen Familiengeschichte abgeschlossen: Ihr Vater misshandelte die Mutter, bis sie ihn verließ, als die kleine Christina sieben Jahre alt war. Auf "Stripped" verarbeitete Aguilera noch ihr Trauma in Songs, inzwischen spricht sie sehr offen darüber, dass sie zu ihm kaum noch Kontakt habe. "Ich bin in meinem Leben an einem Punkt, an dem ich einfach keinen Grund dafür sehen kann", erklärte sie dem US-Magazin "Latina". "Ich vergebe ihm - aber man wird erwachsen und trifft seine Entscheidungen für die eigene Familie."

Christina Aguilera - C

Und der geht es gut: Mit Musikproduzent Jordan Bratman ist Aguilera seit fünf Jahren verheiratet, der gemeinsame Sohn Max Liron ist mittlerweile zwei Jahre alt. Für ihn nahm Aguilera sich erst einmal eine Auszeit: "Es ist wirklich wichtig, dass ich das Erste bin, was er morgens beim Aufwachen sieht, und das Letzte, wenn er ins Bett geht", findet sie. In der Mutterrolle geht Aguilera voll auf; vielleicht hat sie sich deshalb für "Bionic" keine neue ausgedacht. Vielleicht hat sie aber auch einfach ihre eigene Persönlichkeit gefunden. ~ Sabine Metzger (teleschau)


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