Conor Oberst

Reduzierung der Köche


Der Bright-Eyes-Kopf Conor Oberst veröffentlicht ein Soloalbum

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Reduzierung der Köche

Der Bright-Eyes-Kopf Conor Oberst veröffentlicht ein Soloalbum

30.07.2008 Wenn du verweilst, dann würdigst du nicht mehr, wo du bist, weder Ort noch Zeit. Durch die Veränderung, besonders die, die man selbst herbeiführt, entsteht die Dankbarkeit für das, was ist und war. So erläutert Conor Oberst, Kopf von Bright Eyes, sein Leben. Dass er nicht im Niemandsland von Omaha in Nebraska geblieben ist, war auch der Karriere wegen ein nachvollziehbarer Schritt. Gerade hat der 28-Jährige, der seit 1993 Alben, beziehungsweise damals noch Kassetten, veröffentlicht, ein Soloalbum fertiggestellt: "Conor Oberst", eingespielt von ihm und der Mystic Valley Band. Dabei hat er bei "Cassadaga", der letzten Bright-Eyes-Veröffentlichung vor 15 Monaten, noch den Gruppengeist beschworen. Doch ein Jahr kann lang sein, besonders wenn man die Abwechslung so hoch bewertet.

Als Conor Oberst "Cassadaga" vorstellte, hatte er lange Haare, war blass und sehr androgyn. Es umgab ihn eine ähnliche Aura wie Brian Molko, den Sänger von Placebo. Im Sommer 2008 hat er die Haare ab, trägt sympathisch verstrubbelten Look, wie vor drei Jahren, als er in Deutschland erstmals großflächig wahrgenommen wurde.

Conor Oberst - P

Von dem blauen Hemd behauptet er, es bereits seit einer Woche zu tragen. Kein Wunder, passt es doch so perfekt zu seinem türkis schimmernden Ring. Er inszeniert sich unauffällig, aber auch weniger weltfremd, weniger ätherisch. Conor Oberst sieht aus wie ein Bub, wie jener Bub, dessen Erfolg - nicht vor allem, aber zu einem großen Teil - darauf basierte, dass ihn so viele süß fanden.

Wenn man nach den Impulsen fragt, die ihn dazu bringen, sich äußerlich neu zu definieren, kommt man nicht sehr weit. Das Thema Eitelkeit lässt den Musiker aus Omaha eher verstummen. Schnell setzt er ihn wieder auf, diesen Augenaufschlag, kuckt wie ein Igel, der eine Übernachtungsmöglichkeit für den Winter braucht, begleitet von einem koketten "Nun ja" und einem verschämten "Ach nein". Eitel sei er nicht, nicht eitler als jeder andere, sagt er und schlägt sich den Kaffeelöffel gegen die Wange.

Trotzdem räumt er sofort ein: "Ich steh' da schon drauf, mir neue Sachen zu kaufen. Immer das Gleiche zu tun oder zu tragen, könnte ich nicht." Pendelt er gern zwischen den Polen, also den Bühnen und Einkaufsstraßen dieser Welt und der abgeschotteten Natur, wie dem mexikanischen Tal, in dem er sein Soloalbum - übrigens sein viertes - aufgenommen hat? Genau so ist es, und diese Abwechslung führe dazu, dass er Dinge würdigt. Was ihm schwerfalle, wenn er immer in der gleichen Umgebung sei. Auch heute in Berlin sitzt er in einem ausgesprochen stilvollen Hotelzimmer, das das Attribut "modern" tatsächlich verdient. Glasbausteine, keine Schnörkel, gerade Linien, eine recht puristische Schönheit, wie das Album, um das es gerade geht.

"Mike Mogis war nicht bei den Aufnahmen dabei", nennt er zunächst als Grund, dass es kein Bright-Eyes-Album geworden ist. "Das wäre unhöflich gewesen". Er brauchte eine Pause, schließlich waren sie zehn Monate auf Tour. "Mike hat eine Frau und eine vierjährige Tochter, außerdem ist er Produzent für andere", reiht er die Gründe aneinander, und schlägt mal wieder mit dem Kaffeelöffel zu, auf seinen Oberschenkel diesmal. Selbstverständlich werde es weitere Bright-Eyes-Alben geben.

Conor Oberst - L

Mike war immer einer, der ihn weiterbrachte. Doch das aktuelle Album sollte simpel gehalten werden. "Instrumente einstecken und auf 16 Spuren aufnehmen, kein Overdubbing" lautete die Überschrift. "Für 'Cassadaga' waren wir ein Jahr in verschiedenen Studios, eine Million Menschen sind darauf zu hören." Dafür gibt es diese schönen englischen Formulierungen, die da heißen, ich war glücklich damit, hatte aber keine Eile, dieses gleich zu wiederholen.

Die gegenteilige Erfahrung war ihm lieber. "Das neue Album hat weniger Zutaten. 'Cassadaga' hatte die schwierige Aufgabe, drei Menschen zufriedenzustellen. Das ist dieses 'Viele Köche in der Küche'-Ding ... Die vielen Instrumente, die Produktion, die pflastern ein Album zu." Das habe er jetzt vermieden. "Conor Oberst" sei ein Stück mehr er - obwohl ja auch da eine Menge Freunde beteiligt waren.

In das kleine Hotel, das sich im Niemandsland des Valle Mistico auf vier kleine Häuser verteilte, lud er, wer zum Gedanken der Einfachheit passte. "Fünf Freunde, zwei aus Birmingham in Alabama, zwei aus Kalifornien, plus Nate (Walcott - drittes Mitglied bei Brigth Eyes), was aber nicht geplant war. Es ging ihm zu der Zeit ziemlich schlecht, er wollte nicht zu Hause sein, also habe ich ihn eingeladen."

So simpel der Folk, so gehaltvoll die Texte. "I don't want to die in a hospital" ist so eine Zeile, die hängen bleibt, mehr noch als die Single mit dem schönen Titel "Souled Out".

"Der Song handelt von einem Freund, den ich vor drei Jahren kennengelernt habe, als er gerade seinen 75. Geburtstag feierte, eine faszinierende Persönlichkeit. Wir haben eines Tages über den Tod gesprochen. Es geht ihm gut und er wird bestimmt 200 werden. Er hat keine Angst vorm Sterben. Aber wenn er in einem Krankenhaus liegt, soll ich ihn rausholen. Er will lieber unterm Sternenhimmel in der Wüste sterben, und ich denke, das hat er auch verdient." Jetzt entwarf er erst mal das Artwork des Soloalbums.

Über "There is nothing the road cannot heal", eine andere herausragende Zeile, stritt er mit einem anderen Freund, der dieses bezweifelt. "Es mag nicht stimmen, aber ich hatte das Gefühl, als ich es geschrieben habe. Es ist so wahr wie alles andere. Die Wahrheit ist dort, wo du sie findest." Und nun schlägt der Kaffeelöffel eine Melodie.

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Seine Zurückhaltung gibt Conor Oberst nie auf, was die eigene Musik angeht. Stolze Hymnen wird man von ihm nicht hören. Das Soloalbum hat keinen besonderen Stellenwert. Der Reiz lag darin, mit anderen Leuten zusammenzuarbeiten, etwas anderes zu sehen. Also nicht in der Notwendigkeit einer Pause mit Bright Eyes? " Naja, vielleicht ein kleines bisschen", gibt er plötzlich zu. "Das letzte Jahr hat sich sehr lang angefühlt, eher wie 16 Monate." So will er es stehen lassen.

Die anderen, wirklichen Soloalben veröffentlichte er als Teenager, volljährig war er bei keinem. Aber sie waren "Ausdruck großer Leidenschaft", wie er sich erinnert, fast ein wenig traurig, dass er nun Profi ist. "Das war so schön, ein Cover zu kleben, die vier Tracks damit zu schmücken und sie zum Plattendealer zu bringen, der sie für drei Dollar unter der Theke verkaufte. Antiquarium hieß der Laden. Dort rumzuhängen war für mich das Größte." Dass er damals sein Können beweisen und ernst genommen werden wollte, verneint er, wird aber trotzdem nachdenklich: "Das ist schon komisch mit den Hobbys, die du liebst und weiter betreibst", sinniert er. "Dann ist es nur noch dein Leben, deine Arbeit." Er schnauft.

Schnauft so, dass man nachfragen muss. "Manchmal habe ich schon diese Vision, auf eine Farm zu ziehen, Babys zu bekommen und nur noch im See herumzuschwimmen." Er guckt ein wenig ratlos, und jetzt schlägt der Löffel recht wild auf sein Bein, er nimmt es zurück. "Nein, ich bin schon froh, wenn ich weiter Musik machen kann."

Wer sollte ihm im Weg stehen außer er selbst? "Ich weiß nicht, wie sehr das wirklich in meiner Hand ist. Du kannst vom Bus angefahren werden, oder vielleicht braucht es gar nicht sowas Dramatisches. Du wachst auf und plötzlich hast du keine Lust mehr, Songs zu schreiben. Wer weiß das schon?" ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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