Die Fantastischen Vier

Der dankbare Imperativ


Die Fantastischen Vier veröffentlichen "Für Dich immer noch Fanta Sie"

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Der dankbare Imperativ

Die Fantastischen Vier veröffentlichen "Für Dich immer noch Fanta Sie"

19.05.2010 Immer wieder Stuttgart. Die Fantastischen Vier geben ihre Interviews gerne zu Hause. Warum auch nicht, hier entstehen schließlich meistens große Teile ihrer Alben - und hier strahlen sie eine gewisse Grundlockerheit aus, die ein klassischer Interviewtag im Hotelzimmer eines seelenlosen Kettenhotels unmöglich hervorbringen kann. Über "Heimspiel" sprachen sie in der VIP-Lounge der Mercedes-Benz-Arena, über den Studio-Vorgänger "Fornika" (2007) in Kornwestheim. "Für Dich immer noch Fanta Sie" wird den interessierten Medienpartnern in And.Ypsilons Räumlichkeiten im Keller des Stuttgarter Medienhauses vorgespielt - wo Alben wie "4.99" entstanden. Smudo und Michi Beck stehen anschließend Rede und Antwort - während And.Ypsilon im Studio offenbar letzte Hand anlegt.

Die Veröffentlichung von "Heimspiel" ist nicht einmal ein Jahr her, schon kommt der Nachfolger. Kein Bedürfnis nach einer Fanta-Vier-Pause gehabt?

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Michi Beck: Bei uns ist es meistens so: Entweder wir machen ein ganzes Jahr Pause oder gar nicht. Wenn Du keine Pause machst, beträgt der Zeitraum zwischen den Alben etwa drei Jahre, die Auswertung dauert schon gute eineinhalb. Um eine neue Platte zu machen, brauchst Du wieder eineinhalb bis zwei Jahre - zumindest ist das die Zeit, die wir uns gerne nehmen. "Heimspiel" darf man aber in dieser Rechnung nicht mitzählen. Dafür mussten wir ja keine neuen Songs schreiben. Es bremste die Arbeit an "Für Dich immer noch Fanta Sie" natürlich ein Stück weit, war aber etwas, das eingeschoben wurde. Insofern ist der Rhythmus zwischen "Fornika" und "Für Dich immer noch Fanta Sie" ein ganz normaler.

Smudo: Das alles ist auch ein bisschen unserem Manager zu verdanken. Der lud uns, als "Fornika" etwa ein Jahr draußen war, zu sich ein und stellte uns die "Agenda 2010" vor. Das Kanzlerwort! Der hatte das alles ganz genau durchkalkuliert. Anfangs gab es die Idee, das neue Album schon zum Jubiläum zu veröffentlichen, was sich aber nicht realisieren ließ. Auch deshalb haben wir schnell losgelegt, sonst hätten wir vielleicht auch eine Pause gemacht.

Keine Angst, dass die Leute übersättigt sein könnten?

Smudo: Nö, ganz im Gegenteil. Wir dachten uns, dass es für uns einfacher ist, dranzubleiben, aber vielleicht auch für die Leute eher gut, wenn sie etwas schneller was Neues von uns kriegen. Die freuen sich doch. Wir wollen außerdem spielen - und zwar neue Songs, nach "Heimspiel" haben wir das alte Material etwas über!

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Laut Info der Plattenfirma ging Euch das neue Material recht einfach von der Hand ...

Smudo: Das war bei "Fornika" auch schon ein bisschen so, wo wir während des Textens schon an den Beats bastelten. Es war diesmal bei einigen Stücken ähnlich. "Junge trifft Mädchen" entstand etwa zu Hause bei Thomas D. in der Eifel, quasi da, wo seine alte Aufnahmekabine war und er ein Superstudio gebaut hat - aus einer Sitzecke heraus in einer Nacht. Ich hab einige Stücke sofort bei mir im Büro aufgenommen, Michi war jeden Tag bei Thomilla im Studio und arbeitete da.

Beck: Wir haben Zwischenstände früher aufgenommen. Aber dass der Aufnahmeprozess insgesamt schneller war, finde ich gar nicht. Dadurch, dass wir viele Sachen dann noch einmal mit der Band einspielten, zog sich das ganz schön in die Länge.

Wo seht Ihr das Selbstverständnis der Platte?

Beck: Gestern Nacht hörte ich die Platte noch einmal am Stück an. Es sind schon recht sarkastische Texte, Themen und Herangehensweisen dabei. Die dunkle Seite von uns ist deutlicher erkennbar.

Smudo: Lustige Musik mit traurigen Inhalten!

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Beck: Vielleicht bitter. Das kann man schon sagen.

Man erkennt das erste Mal seit langer Zeit wieder eine Verbindung zu kontemporärem HipHop, zu Bands wie K.I.Z. ...

Smudo: Ah, herrlich. Das geht runter (fängt an, einen K.I.Z.-Song zu rappen). Tatsächlich war der allererste Ansatz aber ein anderer, nämlich in dieser demokratisierten Popmusikwelt, in der jeder an seinem eigenen Rechner Musik machen kann, einen besonderen Sound zu finden. Michis Idee war dann ganz konkret, ein solches Universum zu schaffen und dafür einen 70er-Jahre-Bandsound zu erschaffen. Also mit genau der Instrumentierung von damals, mit der gleichen Mikrofoneinstellung und so weiter. Dafür gingen wir extra in Köln ins Studio und stellten nach drei Tagen fest, dass das überhaupt nicht funktioniert. Aber es führte zu dem, was wir jetzt haben. Dass wir viel mit der Band spielten, aber keine Eckdaten klarmachen.

Beck: Das Konzeptionelle war so eine Art ... Kraut-Rock-Platte. Weil wir alle so viele Elemente in unseren Klang einbringen, dass es letztendlich genau das ist. Funk, Elektronik, Psychedelic ...

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Smudo: Es ist so eine Art "Best Of Both Worlds". Produzenten-, aber auch Bandkram.

Und inhaltlich? Es finden sich recht viele Imperative. Wolltet Ihr den Hörer gezielt ansprechen?

Smudo: Das ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ich glaube aber eher, dass wir uns damit selber ansprechen wollen. Vielleicht sind Imperative aber auch einfach eine dankbare Refrainform, weil sie einen mitnehmen und auffordern. Imperative und Rapmusik gehören zusammen!

In "Dann mach doch mal" heißt es: "Jeder würd' es machen, wenn es einfach wäre." Wird Euch manchmal noch vorgeworfen, dass Eure Musik zu simpel sei?

Beck: Nein. Das Lied handelt auch gar nicht von irgendeinem Missstand. Das ging irgendwie anders. Thomas hatte schon eine Strophe, die etwas selbstbeweihräuchernd war, das gefiel mir nicht - und ich schrieb die um.

Smudo: Als wir "MFG" aufnahmen, sagten manche aber schon, das sei doch gar nicht schwierig, lauter Abkürzungen aneinanderzusetzen. Die Leute denken eh immer, dass sie alles können. Bei mir in der Straße machen ständig neue Gummibärchenläden auf. Die zahlen 2.000 Euro Miete, das funktioniert doch nie im Leben. Nach einem halben Jahr schließen die dann wieder. Aber die Leute, die vorbeigehen, denken dann, dass das mit der Gummibärchenladengründung total einfach sein muss. Das spielte in den Song auch rein. Es ist eben sehr wenig total leicht.

Bietet die "Die Lösung" irgendeine Lösung?

Beck: Intern heißt das Stück "Gaylien vs. der verbitterte Assimilator". Zwei Außerirdische: einer, der so Greenpeace-mäßig drauf ist und noch total viel Hoffnungen hegt. Der sagt: Hey, wir sind jetzt hier, jetzt wird alles gut, und wenn das in Ordnung ist, dann parken wir hier unser Raumschiff und kommen auf eine Tasse Tee vorbei. Und der andere denkt sich: dieser ganze Individuen-Scheiß, so ein Dreck. Weg damit. Wenn alle gleich sind, ist doch alles super. Gaylien deshalb, weil wir Homosexuellen in dieser Gesellschaft die Fähigkeit zusprechen, gefühlvoller an Sachen heranzugehen, was natürlich sehr sexistisch ist. Der Titel war uns dann aber doch zu direkt.

"Schnauze" scheint am ehesten die aktuelle Situation der Gesellschaft wiederzuspiegeln. "Wenn es so weiter geht, fährt alles an die Wand", heißt es da ...

Smudo: Ich habe ein paar Typen im Bekanntenkreis, die nicht gerade zu den erfolgreichsten zählen, weder beim weiblichen Geschlecht noch in wirtschaftlichen Dingen. Die neigen mit fortschreitendem Alter dazu, so grumpy zu werden. Aber außerdem sind die in der Welt des Internets unterwegs - und schenken all den dort verbreiteten Halbwahrheiten Glauben. Wenn die am Stammtisch oder bei irgendwelchen Mädchen sonst nichts zu erzählen haben, packen sie eben die mystischen Geschichten aus. Von der Finanzkrise und vom Dollar und wie das uns alles fertig macht. Wenn Typen sagen, dass sie "gerne die Dinge hinterfragen", dann kannst Du das Gespräch normalerweise beenden. Brauchste gar nicht weiterzuhören. Ist zwecklos.

"Das letzte Mal" schildert das Leben eines alternden Ravers. Eine Abrechnung mit der Berufsjugendlichkeit?

Beck: Ich bin keiner, der so lange in Clubs bleibt. Wenn ich auflege, gehe ich sofort nach meinem Set nach Hause, Afterhours mache ich schon seit vielen Jahren nicht mehr. Ich bewege mich aber in einer Clique von DJs, die jetzt alle um die 40 sind und an einem Punkt sind, wo sie das alles eigentlich gar nicht mehr wollen. Sie können aber nicht anders, weil man eben auch seine Realness dadurch manifestiert, dass man möglichst noch total viel Gas gibt. Deshalb eben: "Wo ich hinwill? Drei Mal darfst du raten. In ein Haus mit Garten." Es ist so eine Zwickmühle zwischen "Eigentlich kann man nicht mehr", aber man kann auch nicht anders. Das beobachte ich bei vielen DJs und, äh, Senior Ravers. Das geht gerade einer ganzen Generation so. Man hat nichts außer dem Wochenende.

Also auch ein Song über die Überalterung der Techno- und Elektro-Szene?

Beck: Ich glaube, es gibt mehr namhafte deutsche Techno-DJs um die 40 als um die 30. Klar gehen da Kids hin, und klar gibt es auch junge DJs, die ich nicht kenne. Aber wenn du die ganzen Gazetten von Groove bis Raveline durchblätterst, sind die meisten älter.

Die Fantastischen Vier auf Deutschland-Tournee

10.11., Mannheim, Sap Arena

11.11., Bremen, Arena

13.11., Dresden, Messehalle

14.11., Karlsruhe, Europahalle

15.11., Kempten, Big Box

18.11., Trier, Arena

20.11., Frankfurt, Festhalle

21.11., Oberhausen, König Pilsener Arena

22.11., Berlin, O2 World

23.11., Hamburg, Color Line Arena

24.11., Köln, Lanxess Arena

26.11., München, Olympiahalle

27.11., Nürnberg, Arena

28.11., Würzburg, S. Oliver Arena ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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