Halbgöttin mit Hornbrille
Die US-Serie "Grey's Anatomy" verhalf US-Songwriterin Ingrid Michaelson zum Erfolg
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Halbgöttin mit Hornbrille
Die US-Serie "Grey's Anatomy" verhalf US-Songwriterin Ingrid Michaelson zum Erfolg
05.12.2008 Ingrid wer? Die Frage ist berechtigt. Denn vom Namen Ingrid Michaelson wird man in der Regel noch nichts gehört haben. Und das, obwohl mancher schon von ihr gehört hat. Denn Serien-Junkies ist womöglich schon mal einer von Michaelsons Songs unbewusst begegnet. Nicht weniger als derer fünf kamen in der US-Erfolgsshow "Grey's Anatomy" bereits zum Einsatz. Aber nicht nur Fans der "Jungen Ärzte" hierzulande sollten in Zukunft bei ihrem Namen aufhorchen. Denn Ingrid Michaelsons Debütalbum "Girls And Boys" ist feiner und gewitzter Folk-Pop. Vor allem aber ist die 29-jährige Songwriterin aus Staten Island, New York vielschichtiger als jede Ärzte-Soap, ist Ex-Schauspielerin, Myspace-Mädchen und Self-Made-Frau, gut gelaunte Rampensau und ernst zu nehmende Künstlerin zugleich.
Deren Lebenslauf vom Elternhaus fast schon vorgezeichnet war, Michaelsons Mutter ist Bildhauerin, ihr Vater Komponist. Und ganz der künstlerischen Familientradition folgend, war es ihr frühester Wunsch, am Theater Karriere zu machen. So bekam sie schon als Kind Schauspielstunden, absolvierte später sogar erfolgreich ein Theater-Studium. Das Klavierspiel hingegen, zu dem sie ihre Eltern ebenfalls früh animierten, sei lange Zeit mehr eine heimliche Leidenschaft gewesen, so Michaelson. Irgendwann war dann allerdings der Punkt erreicht, an sie sich für die Musik entschied: "Im Theater wartest du immer auf jemanden, der dir sagt, für diese Rolle bist du gut oder nicht gut genug. Du legst dein Schicksal in die Hände von jemand anderem. Wohingegen bei Auftritten mit meiner Musik, auch wenn ich damals nur vor zehn oder 20 Leuten spielte, das war immer ich selbst."
Am Anfang vielleicht sogar zu sehr sie selbst. An die ersten selbst geschriebenen Songs erinnert sich Michaelson mit einigem Grauen: "Ich habe viel Tori Amos und Fiona Apple gehört, so typische Frauenmusik eben, und war nicht offen für andere Musik. Und deswegen war meine Musik auch eine bloße Kopie, ich sang Sachen wie 'Ich bin eine Frau und ich hasse euch Männer'. Dann fielen mir 'Transatlanticism' von Death Cab For Cutie und 'Soviet Kitsch' von Regina Spektor in die Hände. Das hat mir die Augen geöffnet. Sie sind so furchtlos, schreiben über alles Mögliche." Soweit ist die Songwriterin bislang zwar noch nicht gegangen, ihre Songs kreisen um altbekannte Herzens-, Schmerzens- und Liebesangelegenheiten. Textlich nimmt sich Michaelson aber jegliche Freiheiten, schreibt offenherzige, teilweise rotzfreche Songs, die es oftmals schaffen, mit wenigen Worten Beziehungskisten und -krisen auf den Punkt zu bringen.
Wie "Breakable", von dessen Textzeile "We are just breakable girls and boys" sich auch die Inhaberin einer US-Musik-Lizenzfirma begeistern ließ. Sie entdeckte den Song auf Michaelsons Myspace-Seite, und keine zwei Monate später, im November 2006, lief "Breakable" in einer Episode von "Grey's Anatomy". Der Rest ist fast schon Geschichte. Die Macher der Serie setzten ihre Musik in diversen Episoden ein. Und das nicht nur als bloße Untermalung, sondern im Falle von "Keep Breathing" sogar in der letzten Folge der dritten Staffel, in der herzzerreißenden Szene, wenn Hauptfigur Meredith Grey ihre beste Freundin Cristina aus ihrem Brautkleid befreit, nachdem diese vor dem Traualtar stehen gelassen wurde. Am Tag nach der Ausstrahlung der Folge in den USA waren Ingrid Michaelsons Name und der Songtext die beiden meist gesuchten Begriffe bei Google.
So wenig Einfluss sie auf diese Erfolgsgeschichte hatte, umso mehr nimmt sie seit dem ersten TV-Einsatz ihrer Musik ihren Erfolg selbst in die Hand. "Girls And Boys" erschien in den USA auf ihrem eigenen Label, "weil mein Management und ich die Entscheidung, bei welchem Label wir unterschreiben sollten, immer wieder hinauszögerten", sagt Michaelson. "Und dann hatten wir das Gefühl, dass wir die ganze Aufmerksamkeit der Presse gerade eben auch deswegen bekommen, weil wir alles selbst machen. Außerdem machten wir ja all die Arbeit, warum sollten wir also einen Teil des Geldes einfach weggeben?" Eine durchaus berechtigte Frage, die das US-Musikbranchenblatt Billboard sogar noch weiter spannte und in einer Coverstory 2008 sinnierte, ob Michaelson und ihr "Geschäftsmodell" vielleicht das Gesicht einer neuen entstehenden Musikindustrie seien.
Vom Serienphänomen zum Myspace- und Youtube-Star - ihr Video zu "The Way I Am" wurde inzwischen drei Millionen Mal geklickt - hin zur veritablen Kleinunternehmerin in eigener Sache, die unabhängig von großen Plattenfirmen agiert. In Zeiten von Absatzkrisen in der Musikindustrie sicherlich auch ein Weg, sich durchzusetzen. Und die Geschäftsfrau Ingrid Michaelson ist diesbezüglich wesentlich unsentimentaler als die gleichnamige Künstlerin. Die Entscheidung, einen ihrer Songs für einen Werbespot eines Modeherstellers zu verkaufen, verteidigt sie - auch gegenüber Ausverkauf schreienden Fans - ganz offensiv. "Die Leute denken, dass du als Musiker, sobald du eine Myspace-Seite hast, schon reich bist", sagt Michaelson. "Ich lebte in einem Apartment mit Kakerlaken und Ratten bevor der erste meiner Songs bei 'Grey's Anatomy' lief. Durch solche Sachen kannst du überhaupt erst einigermaßen leben. Und solange man niemanden damit verletzt, oder Sachen wie Wal-Mart unterstützt, finde ich das vollkommen in Ordnung."
Von der gewissen geschäftlichen Abgebrühtheit ist bei Live-Auftritten der Songwriterin indes nichts zu spüren. Unbefangen, herzlich und immer mit einem Augenzwinkern präsentiert Ingrid Michaelson ihre Songs auf der Bühne. Im Vorprogramm von Jason Mraz schaffte sie aus dem Stand, das Publikum zum rhythmischen Mitklatschen zu animieren, erntete für ihre intimen Songs tosenden Applaus. Auch ein gutes Zeichen dafür, dass man in Zukunft keine Erklärungen mehr zu ihrem Namen machen muss. ~ Stefan Weber (teleschau)
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