"Mein Zuhause fehlt mir mehr als früher"
Patricia Kaas veröffentlicht ihr Best-Of "19" und startet den zweiten Teil ihrer Deutschland-Tournee
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"Mein Zuhause fehlt mir mehr als früher"
Patricia Kaas veröffentlicht ihr Best-Of "19" und startet den zweiten Teil ihrer Deutschland-Tournee
04.12.2009 Sie wirft sich mit Schwung in eine bewegte Vergangenheit, möchte über aufregende Dekaden hinwegfliegen. Patricia Kaas' Zeitreise für ihre im Frühjahr begonnene und im Dezember wieder aufgenommene Show "Kabaret" führt in die 30er-Jahre. Die französische Chanson-Sängerin präsentiert das Kabarett des wilden Berlin, jazzigen Zigeuner-Swing aus Paris und argentinischen Tango als großes Spektakel. Soeben hat sie auch ein Best-Of zusammengestellt, "19", auf dem sich ebenso viele ihrer größten Hits befinden. Trotz Tour- und Promotionstress: Im Interview berichtet Kaas lachend und bereitwillig aus ihrem Tour-Leben, erzählt von ihrer enttäuschenden Teilnahme am Grand Prix und ihrem anstehenden 43. Geburtstag.
Eigentlich sind Sie Chansonsängerin. Wie viel Spaß haben Sie an dem Showteil?
Patricia Kaas: Der ist die Herausforderung. Schon als ich die Lieder für "Kabaret" aufgenommen habe, wusste ich: Das wird ein Spektakel und nicht nur ein Konzert! Ich habe in 150 Stunden, verteilt auf weniger als drei Wochen, die Choreografien gelernt, das war durchaus anstrengend. Aber ich kann das Publikum nicht mehr mit meiner Stimme überraschen, die kennen mich. Jetzt staunen auch Leute, die eher die Oper mögen oder Tanz-Choreografien sehen wollen.
Sie haben also keine Angst, dass die Show die Musik überdeckt oder zurückdrängt?
Kaas: Nein, es bleibt ja eine Musikshow. Ich mag diese Vermischung mit anderen Elementen sehr gerne, gerade weil in Frankreich Musik eher in einem abgekapselten Raum passiert. Der einzige kleine Nachteil ist, dass so nicht viel Raum für Spontaneität bleibt, da wir einem festen Plan folgen.
Mögen Sie die Kostüme, weil Sie sich dann wie jemand anderer fühlen können?
Kaas: Nein, ich spiele nicht auf der Bühne. Man hat nur einen anderen Gang, eine andere Ausstrahlung, wenn man ein edles Kleid und hohe Schuhe trägt. Ich fühle mich anders als in Jeans.
Und wie fühlen Sie sich nach dem Auftritt?
Kaas: Nach der Show mag ich große, bequeme Schuhe, möchte nichts Enges mehr tragen und die Schultern mal hängen lassen. Ich habe dann auch eine andere Kopfhaltung als auf der Bühne - und fühle mich müde.
Sind Sie dann innerhalb von 24 Stunden wieder einsatzbereit und fit?
Kaas: Naja, ich habe Tage, an denen ich aufstehe und schlecht gelaunt bin, denn ich sehe nicht gut aus, habe kleine Ränder unter den Augen und der Himmel ist auch noch grau ... So vergehen die Stunden bis zum Abend. Aber gerade wenn ich denke: Wow, das wird heute schwierig, ich habe nicht wirklich Lust, sehe ich die Leute im Publikum und die geben mir die Energie. Nach dem Konzert schmeiß ich mich dann wieder auf den Boden meiner Garderobe.
Das meinen Sie jetzt bildlich und nicht im Ernst, oder?
Kaas: Doch, schon. Nach dem Auftritt lege ich mich oft auf den Boden, zusammen mit meinem Hund, der auf mich wartet und sich auch mit hinlegt (lacht).
Sie touren im Sockenmonat Dezember. Würden Sie da nicht lieber zu Hause sitzen und den Ofen anwerfen?
Kaas: Ja und Nein. Wenn man sich vom Wetter abhängig macht, muss man sich ganz schön oft einsperren (lacht). Es ist unabhängig von der Jahreszeit bei bevorstehenden 120 Konzerten eine Frage des Durchhaltens. Und ich freue mich auch, wenn ich weiß, jetzt sind es nur noch fünf, nur mehr vier, drei, zwei, geschafft!
War das früher anders?
Kaas: Es war früher auch nicht anders. Was ermüdet, ist das Reisen und jeden Abend in einem anderen Bett zu schlafen. Aber mit dem Alter - obwohl ich noch jung bin - gibt es Veränderungen: Mit 25 bin ich bis vier Uhr ausgegangen und um elf Uhr morgens war ich fit. Heute brauche ich zwei Tage, um wieder auf die Reihe zu kommen.
Dann waren Sie bei Ihrer ersten Welttournee vor 20 Jahren also unverwüstlich?
Kaas: Ja, aber es war trotzdem anstrengender. Ich kannte meinen Körper und mich selbst noch nicht so gut und habe gemacht und gemacht und gemacht, 250 Konzerte in einem Jahr. Du weißt nicht, was du durchhältst, gehst zu spät ins Bett, hast nicht auf deine Stimme aufgepasst, leidest am nächsten Tag.
Sind die Hotelbetten seither besser geworden?
Kaas: Ich bin eigentlich immer gerne im gleichen Hotel wie meine Musiker, verzichte auf die vier oder fünf Sterne, weil ich lieber mit der Gruppe zusammen bin. Wir reisen ja schon mit einem komfortablen Bus. Das reicht mir als Luxus. Wichtiger sind Kleinigkeiten, wie zwei, drei Kerzen dabei zu haben. Wissen Sie, manchmal kommt man in Hallen, die deprimieren einen sehr. Man hat überall Neonlicht und sieht grauenhaft aus. Das ist nicht das beste Gefühl, bevor man rausgeht auf die Bühne (lacht). Aber etwas anderes ist mir aufgefallen: Mein Zuhause fehlt mir mehr als früher!
Ihr Zuhause ist ein Haus in der Provence ...
Kaas: ... das ich zurzeit nicht viel sehe (lacht). Aber zwischen Weihnachten und Neujahr werde ich dann dort sein ...
Und auch feiern?
Kaas: Ich mag Weihnachten nicht mehr so gerne, seit meine Eltern nicht mehr leben. Früher habe ich dieses Fest geliebt. Heute schmücke ich immer noch meinen Baum, lade auch die Familie ein, aber es ist ein bisschen kompliziert.
Zuvor ist noch Ihr Geburtstag am 5. Dezember, also während der Tour. Wird der gewürdigt?
Kaas: Weihnachten und mein Geburtstag sind schon die wichtigsten Tage im Jahr. Ich bestelle uns allen nach dem Auftritt ein hübsches Essen, dazu einen guten Wein, ein bisschen mehr Luxus-Catering als sonst. Vielleicht kommt auch jemand aus der Familie. Voriges Jahr waren wir auf Tour in Russland, da hatten wir überraschend eine sehr schöne Party bis vier Uhr morgens.
Nach einem halben Leben, das der Karriere gehörte, ließen Sie von 2006 bis 2008 die Welt Welt sein und machten einfach mal Pause.
Kaas: Was ich sehr genossen habe. Ich weiß nicht genau, ob es am Alter liegt, dass man sich mit 40 andere Fragen stellt als mit 20. Aber ich hatte solche Lust, zehn Monate, ein Jahr, zwei Jahre einfach freizunehmen, mein Appartement neu zu dekorieren, Zeit mit Freunden zu verbringen. Nichts zu planen. Bis irgendwann meine Kollegen auf mich zukamen und sagten: Du, es wäre schön, wenn du mal überlegst, was du gerne für ein Album machen willst. Es war ein bisschen schwierig, wieder den nötigen Schub zu bekommen.
Sie mussten sich also richtig aufraffen.
Kaas: Ja, aber wenn du dann die ersten Lieder ausgesucht hast, kommt die Aufregung zurück, du überlegst, in welche Stimmung du das Lied packen willst, denkst über eine Tour nach. Aber die Zeit davor habe ich einfach gebraucht, um mal auszupusten - oder wie sagt man das?
Haben Sie denn seither Veränderungen an Ihnen festgestellt?
Kaas: Vielleicht hat es etwas bewirkt. Ich bin generell niemand, der wirklich viel Selbstvertrauen hat. Ich weiß bis heute nicht, ob gerade das die Menschen berührt. Aber seit meiner Pause lebe ich weniger im Blick der anderen, überlege mir nicht mehr, was sie denken.
Hat sich das dann auch konkret auf Entscheidungen ausgewirkt?
Kaas: Ja, ich habe Frankreich dieses Jahr beim Grand Prix vertreten. Das hätte ich zu anderen Zeiten nicht getan, aber da hatte ich Lust, meine Musik in andere Länder zu bringen. Ich wollte den Mut haben, und es waren zehn verrückte Tage.
Das heißt, der achte Platz hat sie auch nicht enttäuscht.
Kaas: Oh doch, in dem Moment schon. Natürlich war ich enttäuscht, auch noch am nächsten Tag und eine Woche später. Trotzdem haben über zwei Millionen in Frankreich zugeschaut und sich sehr respektvoll verhalten. Es war ein traditionelles französisches Lied und ich habe es so interpretiert, wie ich es gut finde. Der achte Platz. Man sagt sich schon: Acht, das ist ein bisschen komisch. Aber es hat ja nichts verändert. Das Leben ist voller Überraschungen, entweder man nimmt sie an oder nicht. Das Annehmen ist die Würze!
Patricia Kaas auf Deutschland-Tournee
01.12., Düsseldorf, Phillipshalle
02.12., Frankfurt, Alte Oper
05.12., Trier, Arena
07.12., Bremen, Die Glocke
08.12., Hannover, Kuppelsaal ~ Claudia Nitsche (teleschau)
Interviews, Stories, Meldungen und CD-Kritiken zu Patricia Kaas
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