Sharleen Spiteri

Mit erstaunlicher Offenheit


Texas-Frontfrau Sharleen Spiteri verarbeitet ihre private Trennung mit ihrem Soloalbum "Melody"

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Mit erstaunlicher Offenheit

Texas-Frontfrau Sharleen Spiteri verarbeitet ihre private Trennung mit ihrem Soloalbum "Melody"

28.11.2008 Andere Bands ihrer Größenordnung sind auffälliger. Doch Texas, die vor gut 20 Jahren in Glasgow gegründete Softrockband mit Frontfrau, haben sich beinahe unsichtbar 15 Platinauszeichnungen geholt. Ihren permanenten Erfolg, ihre stetige Anwesenheit, ganz besonders im Radio, dokumentieren 13 Top-Ten-Singles. Die Stimme von Sharleen Spiteri liebt jeder Sender. Nun war es für die 41-Jährige an der Zeit, ein Soloalbum aufzunehmen. Es heißt schlicht "Melody" und ist eine Spur privater als es Texas-Songs sind. Denn Spiteri verarbeitet explizit die Trennung von ihrem langjährigen Lebenspartner. Dass einem dies mit dem Opener "It Was You" in schmerzhafter Deutlichkeit entgegenschallt, ist nicht so ungewöhnlich. Erstaunlich hingegen, dass die erfolgreiche Sängerin im Interview mit großer Offenheit über dieses Thema spricht und auch ihr aktuelles Privatleben keineswegs zu verhüllen sucht. Sie ist mit dem Londoner Promi-Koch Bryan Williams liiert. Schwer vorstellbar, dass die beiden an romantischen Abenden Spiteris neues Album hören.

Immer wieder findet man auf "Melody" die Verbindung aus traurigem Text und fröhlicher Melodie. Hast Du Dir das zum Motiv für dieses Album gemacht?

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Sharleen Spiteri: Das gehört eher zu meiner Persönlichkeit. Die Art meines Songwritings ist vergleichbar mit einem Gericht: Verschiedene Zutaten führen zu interessanteren Geschmacksrichtungen. Wenn man etwas schmeckt, spürt man doch zumeist, dass noch etwas Zweites durchkommt. So in etwa ist das auch bei den Songs.

20 Jahre Texas und 10 Jahre Beziehung - das gab bestimmt eine gewisse Sicherheit. Inwieweit war Deine Trennung auch ein Neustart?

Sharleen Spiteri: Oberflächlich betrachtet hatte ich ein schönes Leben: CD aufnehmen, auf Tour gehen, aber das stellst du dann alles in Frage. Besonders wenn dein Privatleben in der Tageszeitung stattfindet. Es hat mich verängstigt, dass diese Trennung in den Medien ihren Platz fand, ich hatte immer die Einstellung, dass mein Leben mein Leben ist und nicht das anderer.

Hilft Dir das Komponieren, um in Extremsituationen nicht völlig zu verzweifeln?

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Sharleen Spiteri: Als wir uns trennten, war das Letzte, was ich machen wollte, Musik. Ich habe lange überlegt, ob ich an das Thema schon ran kann, um in den Songs darüber zu schreiben. Jetzt habe ich das Schlimmste hinter mir und weiß wieder, wie sehr ich dieses Leben als Musiker liebe.

Da fehlt mir jetzt der Zwischenschritt. Wie hast Du Dich wieder aufgerichtet?

Sharleen Spiteri: Emotion und Verwirrung sind für mich vertraute Elemente, mit denen ich arbeite. Aber in wirklich extremen Momenten zählt mehr, wie man als Mensch ist - und wenn man ein bisschen tiefer schaut, erkennt man vielleicht, dass die Situation gar nicht so schlimm ist. Für meine Trennung bedeutet das: Wir haben eine wunderbare Tochter zusammen, er bleibt ihr Vater, und es geht jetzt darum, dass das Kind keinen Schaden davon trägt. "Melody" ist ein emotionales Album geworden, aber ich habe um meiner Tochter willen darauf geachtet, keine schmutzige Wäsche zu waschen, nichts Verletzendes zu veröffentlichen.

Du präsentierst Deine Schwachheit der Öffentlichkeit. Ist das wirklich eine gute Idee?

Sharleen Spiteri: Da habe ich keine Skrupel. Es zu verschweigen wäre für mich viel schwächer gewesen. Wenn ich mir die Reality-TV-Shows ansehe, in denen Frauen rumflennen, dass sie seit zwei Tagen von ihrem Mann oder ihrer Familie getrennt sind, da krieg ich zu viel, denke mir jedes Mal "Fuck off". Was soll dieses inszenierte Drama? Ich liebe meine Familie, und selbst wenn ich Jahre von ihnen getrennt wäre, müsste ich nicht heulend davon erzählen. Himmel noch mal, dieses Spielen mit den Emotionen der Zuschauer, das geht mir auf die Nerven. Und wenn wir von Schwäche reden, dann ist das etwas, was ich als schwach bezeichne.

Du hast einen neuen Partner, den prominenten Londoner Koch Bryan Williams, der jetzt überall von der vergangenen Beziehung lesen muss.

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Sharleen Spiteri: Er wusste, dass er damit klarkommen muss, als er sich entschied, mit mir eine Beziehung zu führen. Ich hatte ein Leben vor ihm, eine Beziehung und ein Kind. Ich glaube, dass ihn das nicht wirklich belastet.

Zum Thema Belastung: Du hast für das Album alleine die Verantwortung übernommen, sowohl die Songs geschrieben, als auch die Produktion übernommen. Hast Du den Unterschied zu einem Texas-Album gespürt?

Sharleen Spiteri: Nein, ich habe mich immer verpflichtet gefühlt, eine gute Leistung zu bringen, wenn ich ein Album aufnahm. Es war nur angenehm, den erweiterten Spielraum zu haben, nicht in den Texas-Rahmen passen zu müssen. Diesmal sind nur meine Gefühle drin.

Und Deine Vorlieben. Du wolltest endlich mal nach Nancy Sinatra klingen. Was fasziniert Dich an ihr als Person?

Sharleen Spiteri: Es ist nichts Persönliches, sondern tatsächlich ihre Musik. Ich habe von meiner Mutter als Kind ein Album von ihr bekommen, das hat mich tatsächlich umgehauen. Ich dachte mir jedes Mal beim Hören "Wow!" und habe getanzt, weil ich das so aufregend fand, was ich hörte.

Du hast Deine Aufnahmen in Glasgow, London und bei Dir zu Hause durch einen Trip nach Spanien unterbrochen, mit der Familie. Tat es gut, Arbeit und Privates zu mischen?

Sharleen Spiteri: Es war großartig und entspannt. Eine perfekte Kombination. Ich habe eine Villa gemietet, die Band dazu geholt, wir haben draußen gefrühstückt, abends tranken wir ein Glas Wein und dazwischen arbeiteten wir am Album. Die Chance, mit meiner Tochter Urlaub zu machen, lasse ich natürlich nicht vorbei gehen.

Nimmst Du Deine Tochter auch auf Tour mit?

Sharleen Spiteri: Nein. Sie ist sechs, geht ganztags zur Schule und ist mein Tourleben gewohnt. Bei uns passen nicht unsere Eltern auf, die leben in Schottland, aber das Kindermädchen ist bei uns, seit die Kleine sieben Monate alt war. Ich kehre eigentlich immer wieder nach ein paar Tagen nach Hause zurück.

Du hast Dir von Deinen Jungs bei Texas den Segen für dieses Album geholt. Ihr macht also nur eine Pause.

Sharleen Spiteri: Es ergab sich aus der Situation, ich fand, dass es an der Zeit war, ein Soloalbum zu schreiben. Zusätzlich konnte ich mich musikalisch austoben. Ich habe es tatsächlich genossen, bis morgens um vier Uhr zu arbeiten und niemanden zu stören.

Ein Letztes: Es ist lange her, da der Regisseur Wim Wenders Eurer Band ihren Namen gab. Trotzdem würde mich interessieren, ob Du seinen neuen Film sehen wirst?

Sharleen Spiteri: Oh ja, das werde ich. Wie heißt er, "Palermo Shooting"? Wenders war für mich immer eine Inspiration, "Paris - Texas" war das Erste, was ich von ihm gesehen habe und ich finde diese Bilder immer noch beeindruckend. ~ Claudia Nitsche (teleschau)


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