Beatles For Sale?
Das Gesamtwerk der Beatles erscheint erstmals komplett in digitaler Überarbeitung
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Beatles For Sale?
Das Gesamtwerk der Beatles erscheint erstmals komplett in digitaler Überarbeitung
04.09.2009 Tontechniker Allan Rouse kann sich ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. Nein, meint er auf Nachfrage, Paul und Ringo hätten sich nicht bei ihnen gemeldet. Kein Wunder, mit der Qualität der digitalen Überarbeitung ihres kompletten Back-Katalogs können die beiden noch lebenden Beatles und die Witwen Ono und Harrison definitiv höchst zufrieden sein. Zudem schienen sich die "Hinterbliebenen" ja noch nie gegen die stets fortgesetzte Weitervermarktung des Werks zu wehren. Wie dem auch sei: Die anstehende Veröffentlichung der Beatles-"Remasters" ist alles andere als bloße Geldmacherei, so viel wird bei der Vorabpräsentation in den Londoner Abbey Road Studios klar.
Dennoch: Dieses Beatles-Event wird in ganz großem Stil zelebriert. Und die Besonderheiten beginnen schon beim Veröffentlichungstermin. Der für den Handel unübliche Mittwoch, der 9. September (09.09.09) wurde weltweit als Datum auserkoren, um die überarbeiteten Werke auf den Markt zu bringen. Dann nämlich erscheinen die zwölf Beatles-Alben von "Please, Please Me" bis "Let It Be" sowie der 1967er-Soundtrack zu "Yellow Submarine" und die Songsammlungen "Past Masters Vol. I & II" sowohl einzeln als auch im umfassenden 16-CD-Stereo-Boxset.
Doch damit nicht genug: Neben den remasterten Songs enthalten die einzelnen CDs jeweils zudem aufschlussreiche Informationen zur Entstehung der Alben sowie kleine, eigens produzierte Mini-Dokus mit teils unveröffentlichtem Bild- und Tonmaterial der Beatles. Und eine ganz neue Zielgruppe soll zeitgleich ebenfalls erschlossen werden: Mit der Veröffentlichung von "Beatles Rock Band" für die Konsolen Playstation 3, Nintendo Wii und XBox 360 setzt man auf das kommerzielle Potenzial der stetig wachsenden jungen Videospielgemeinde.
Ganz im Gegensatz zur aufwendigen Präsentation der geplanten Vermarktung gibt sich Toningenieur Rouse ziemlich bescheiden. Dabei kam ihm und seinem sechsköpfigen Team wohl die Hauptaufgabe in diesem Projekt zu: Die digitale Überarbeitung von Beatles-Songs, deren Nachwirkung auf die Musikgeschichte bis heute nicht abgerissen und kaum in Worte zu fassen ist. Eine rund vierjährige Arbeit an Material, bei dem Fans und Forscher jeden Veröffentlichungsschritt aufs Kritische beäugen. Kurzum: Sie wagten sich an das größte Heiligtum des Pop überhaupt.
Ja, es seien "große Entscheidungen gewesen, die wir als Einzelne zu treffen hatten", gibt Rouse dann auch unumwunden zu. Aber so wie er den Remastering-Prozess als "subtile Annäherung" bezeichnet, betont, dass man versucht habe "den warmen analogen Sound der Originalaufnahmen beizubehalten", spürt man die Sorgfalt und Akribie, mit der er und sein Team diese Mammutarbeit erledigten. Fehler, Klicks, Geräusche und - laut Rouse ganz selten auch - übersteuerte Instrumente in den Aufnahmen bügelten die Toningenieure aus, möglichst ohne dabei Details verschwinden zu lassen. Als Beispiel für die Vorgehensweise führt Rouse den Song "A Day In A Life" an. Dort sei nach der Säuberung der Aufnahme deutlich ein quietschender Stuhl im Studio zu hören gewesen: "Der bleibt natürlich drin."
Dass das Ergebnis dann eigentlich besser werden würde als bei der ersten, ziemlich lieblosen Digitalisierung der Originalbänder Ende der 80er-Jahre, war wohl klar. Damals regierte dann wohl doch hauptsächlich der Vermarktungsgedanke: Mit Klassikern auf dem damals neuen Medium "CD" ließ sich eben viel Geld verdienen. Die Vorsicht, die die Tontechniker dennoch walten ließen, ist absolut verständlich. Schließlich sorgte gerade die Frage, wie die Songs "eigentlich von den Beatles gedacht" waren, schon öfter für Zündstoff unter Fans. So wurde 2003 die Veröffentlichung von "Let There Be ... Naked" heftig diskutiert, das letzte Album der Fab Four erschien neu abgemischt, ohne die Streicher- und Choraufnahmen, mit denen Produzent Phil Spector das Album nachträglich versehen hatte.
Bezüglich der neuen "Remasters" wird dieses "Problem" wohl nicht auftauchen: Neben dem Stereo- erscheint auch ein Boxset mit allen Monoaufnahmen bis zum 1968er-Album "The Beatles". Und diese Tondokumente zeigen eben genau den ursprünglichen Charakter der Songs. Denn an der späteren Abmischung für das damals noch nicht weit verbreitete Stereoformat seien die Fab Four "selbst oft gar nicht anwesend gewesen", erklärt Rouse.
Aber egal ob in Mono oder Stereo, der kurze Vorher-Nachher-Vergleich von Songs, den Rouse vorstellt, macht es - im bestmöglichen Sinne - klar: Hier ging es nicht um die bestmögliche Vermarktung eines Produktes. Den Tontechnikern ging es darum, das Werk der wichtigsten Popband aller Zeiten neu und in ganzer Größe erstrahlen zu lassen. Und dass Allan Rouse nicht nur verschmitzt grinst, sondern während der gesamten Präsentation sehr entspannt und unaufgeregt über das Projekt redet, zeigt auch, dass er weiß: Diese Aufgabe ist ihm und seinem Team bestens geglückt. ~ Stefan Weber (teleschau)
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