Der Herr der Augenringe
Mark Oliver Everett vollendet seine erste Trilogie
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Der Herr der Augenringe
Mark Oliver Everett vollendet seine erste Trilogie
27.08.2010 Mark Oliver Everett arbeitet viel. Man muss den Mann nicht fragen, ob es normal ist, in anderthalb Jahren drei Alben zu veröffentlichen. Auch ohne sinniges Vermarktungskonzept haben die Eels genug Fans, denn sie sind Brückenbauer und Händereicher für die, die Everett mögen und verstehen. Die Songs erblicken im Gros im Keller des 47-jährigen Vollbartträgers das Licht der Welt. Das Paradoxe dieses Satzes beschreibt die Musik ganz gut. Man hört dem aktuellen Album "Tomorrow Morning" nicht gleich das neue Credo an: Indie-Ikone Everett, einziger Kopf der Band, denkt über die Freude im Leben nach. Dafür war er bisher eher weniger bekannt. Manchmal allerdings redet er ungern über seine Weltsicht. Dafür hat er schließlich die Musik. Der Herr der Augenringe ist ein Sonderling, der lieber über Kolibris spricht als über seine erste Trilogie, die er vollendet hat. Dass die Fragen manchmal etwas länger sind als die Antworten, ist bei einem der verschrobensten Alphatierchen dieses Planeten unvermeidbar.
Das Album "Tomorrow Morning" ist der Abschluss einer Trilogie, bestehend aus dem im Frühjahr 2009 erschienenen "Hombre Lobo" und dem Anfang dieses Jahres veröffentlichten "End Times". Bisher waren Songs von Deiner Stimmung abhängig, aber die kann man ja nicht vorausplanen.
Mark Oliver Everett: Stimmt, das ist ein wahres Wort. Da ist was dran, und eigentlich hatte ich auch nur zwei Alben geplant. Dann wurden es drei, weil sich ein zusätzlicher Teil der Geschichte dazufügte, den ich nicht erwartete.
Heißt das, dass Du nicht erwartet hast, dass es Dir mal so gut geht, wie es der dritte und letzte Teil der Geschichte vermuten lässt?
Everett: Gar nicht unbedingt, man kann das nämlich gar nicht so chronologisch zuordnen. Ich selbst habe Schwierigkeiten, da Trennlinien zu setzen, aber es gibt ein Thema, das alles zusammenhält.
Ja?
Everett: (nach langer Pause) Eine dreiteilige Geschichte über menschliche Gefühle. Ein Anfang, ein Ende - und eine Wiedergeburt.
Jetzt, da Du die Welt offenbar als einen freundlicheren Ort betrachten kannst als in den Jahren zuvor, hast Du vielleicht eine Erklärung, warum wir so negativ sind?
Everett: Ich weiß nicht, ob es wirklich fehlender Optimismus ist, ich tippe eher auf einen falschen Blickwinkel. Der entscheidet alles. Eine neue Perspektive lässt dich begreifen, dass es möglich ist, einiges mehr aus diesem Tag zu machen. Und ich meine jeden Tag. Das, was man erwartet, wovon man ausgeht, bestimmt dein Leben. Du musst die Anstrengung unternehmen, das zu tun, was dich dahin bringt, wo du dich wohler fühlst. Mach was anders!
Gab es für Dich ein spezielles Erlebnis, das Deine Sichtweise geändert hat?
Everett: Nichts, was ich benennen könnte. Das Gefühl hat sich auf mich gesetzt. Plötzlich ist es anders.
Hat es damit zu tun, dass die Zeit so rennt?
Everett: Die Uhr tickt immer - aber der Gedanke, dass morgen Morgen ist, ist für mich ein unglaublich optimistischer Gedanke, den man immer im Kopf behalten sollte.
Und für das Heute bist Du dankbarer als früher?
Everett: Unbedingt, ja. Ich würdige die Tage, weil ich es nicht mehr als so selbstverständlich empfinde, dass ich morgen noch mal aufwachen darf.
Und da ist kein Tag, an dem Du denkst: Mist, heute ist das und das ...?
Everett: Egal wie mies dein Tag ist, es gibt ja ein Morgen.
Und das tröstet über das schlechte Heute?
Everett: Na klar, weil sich morgen alles ändern kann.
Okay, und was tust Du morgen früh?
Everett: Das ist ja das Geile, ich habe keine Ahnung, was da passiert. Das ist schön, und ich werde, wenn der Tag da ist, das Beste daraus machen - wenn er kommt.
Es gibt ein Sprichwort, in dem es heißt: Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen.
Everett: Von wem ist das denn? Da möchte ich widersprechen. Ich hatte einige schlechte, und das war nicht gut.
Du hast mal gesagt, es geht im Leben darum rauszufinden, was das Besondere an einem ist. Hast Du das ein Stück weit mehr und hilft es, wenn andere einen anerkennen, wenn man gute Kritiken bekommt?
Everett: Es kann helfen, doch. Andersrum war es eine ziemliche Scheiße, keine Anerkennung zu bekommen. Ich erinnere mich da an meine Kindheit, in der ich mich danach gesehnt habe. Dennoch kann man sich nicht über die guten Noten definieren, die einem andere geben. Die Rechnung geht nicht auf, denn so wie dich andere sehen bist du nicht.
Heißt das, man muss abwarten, bis man den Frieden mit sich selbst in sich spürt?
Everett: Ja, das gehört zu den Vorteilen, wenn du älter wirst.
Vor zwei Jahren hast Du gesagt, dass Du "noch" keine Kinder hast. Arbeitest du an dem Thema?
Everett: Naja, ich arbeite eigentlich immer daran (lacht). Aber ergebnistechnisch ist es unverändert.
Aber Du würdest Dir welche wünschen?
Everett: Manche Tage ja, andere nein. So, wie es wohl allen Eltern geht. Ich weiß nicht genau, ob ich Kinder haben will.
Würdest Du Dich noch als zerbrechliche Person beschreiben?
Everett: In der Vergangenheit war ich das, aber jetzt nicht mehr so.
Gibt Dir Dein Zuhause, wo Du viel Zeit verbringst, Sicherheit?
Everett: Ja. Ich bin sehr gerne in meinen vier Wänden. Als Rockmusiker findest du es gut, mal irgendwas zu finden, was du gerade suchst und zu wissen, wo das Bad ist. Zuhause ist vieles großartig selbstverständlich, was auf Tour mit einem Haufen Unwägbarkeiten verbunden ist.
Stresst Dich Touren?
Everett: Naja, das Herumreisen ist ätzend, aber Auftreten ist nach wie vor klasse.
Einer der Songs erzählt von Kolibris. Wo bist Du denen begegnet?
Everett: Ich habe einige in meinem Garten, die müssen jeden Abend fix und fertig sein, so wie die mit den Flügeln arbeiten. Ich glaube, die haben einen harten Tag.
Du hast sie beobachtet?
Everett: Eines Tages kam einer angeflogen - genau im richtigen Moment, der gab mir ein gutes Gefühl. Der Kolibri ist ein sehr schöner Vogel, aber er bewegt seine Flügel sehr schnell und lebt nicht lange, weil er sich so verausgabt. Ich bin auch ein emsiger Arbeiter, da ist die Verbindung.
Du hast eine Menge Arbeit geleistet in den zwei Jahren. Kommt jetzt eine selbst verordnete Pause, auch um nicht den Markt zu überschwemmen?
Everett: Unbedingt, ich kann es mir andersherum gar nicht vorstellen, nach dieser Veröffentlichung keine Pause zu machen (lacht). Das ist in jedem Fall der Plan, aber bei mir ist das immer so eine Sache, da fahr ich in Urlaub und denke: Ich mach jetzt nichts. Im Moment hätte ich sogar Lust dazu. Aber dann, wenn ich rumsitze, arbeite ich doch wieder an irgendetwas.
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07.09., Hamburg, Große Freiheit
10.09., Berlin, Astra
11.09., München, Tonhalle
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. ~ Claudia Nitsche (teleschau)
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