Jimi Hendrix

Perfektionist und Partyhengst


"Valleys Of Neptune" enthält bislang unveröffentliches Material von Jimi Hendrix

Aktueller Artikel im akuma.de Magazin zu Jimi Hendrix
» Übersicht von Jimi Hendrix anzeigen

Perfektionist und Partyhengst

"Valleys Of Neptune" enthält bislang unveröffentliches Material von Jimi Hendrix

10.03.2010 Jimi Hendrix liebte das Leben und er liebte die Gegensätze. Dem nimmermüden Party-Hengst und Womanizer stand ein höflicher, schüchterner und bescheidener Zuhörer gegenüber. Seinem Streben nach Extremen folgte ebenso ein unbändiger Wille Gitarre zu spielen. Egal wie lang, egal wie oft. Egal, ob Rhythmus- oder Solo-Gitarre, am besten beides parallel, in verschachtelte Ebenen arrangiert. Schon damals einzigartig, dauert die Faszination und Bewunderung, die der Gitarrengott hervorruft und genießt, bis heute an. Und erhält jetzt neue Nahrung: Fast zeitgleich zu seinem 40. Todestag erscheint mit "Valleys Of Neptune" ein Album mit unveröffentlichtem Material des Ausnahmemusikers.

Dort unter anderem enthalten: Eine Performance des Cream-Knallers "Sunshine Of Your Love", die einmal mehr beweist, auf welche einzigartige Weise Hendrix sowohl banalem wie hoch dekoriertem Fremdmaterial neues, einzigartiges Leben einhauchen konnte. Aus altbekannten Standards wie "Wild Thing" und "Hey Joe" machte er Hymnen. Vor seinen Interpretationen von "All Along The Watchtower" und "Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band" zogen Dylan und die Beatles den Hut. Und er degradierte die Nationalhymne seiner Heimat in Woodstock zu einem surrealen Hörspiel des Vietnamkriegs.

Jimi Hendrix - E

Doch bevor James Marshall als "Jimi" unendlichen Ruhm genießen konnte, musste er einen langen und harten Weg gehen. Er schuftete als Begleitmusiker für Little Richard und die Isley Brothers und tingelte mit zweitklassigen R&B-Bands durch das rassistische Amerika der 50er und 60er Jahre. Mit seiner ersten eigenen Band, The Blue Flames, wurde er in New York vom damaligen Animals-Bassisten Chas Chandler entdeckt, der ihn nach London lockte und ihn mit zwei britischen Ausnahmemusikern, Noel Redding und Mitch Mitchell, bekannt machte. Gemeinsam operierte man nun als "The Jimi Hendrix Experience".

Die im Frühjahr 1967 erschienene Single "Hey Joe" mit der grandiosen B-Seite "Stone Free" bildete den Grundstein für die Popularität des Trios. Die Symbiose aus Eingängigkeit, Komplexität und Energie neu formierter Blues-Schemata hatte man so vorher noch nicht gehört. Die Nachfolgesingle "Purple Haze" zementierte diesen Status und machten den Weg frei für das zuerst in England erschienene Debüt "Are You Experienced?", ein ungeschliffener Diamant spröden Rocks, so einfach produziert wie magisch in seiner Interpretationsvielfalt und Spielweise. Zum Ende des gleichen Jahres kam schon der Nachfolger auf den Markt, das experimentelle, mit textlich hochvollendeter Lyrik bespickte "Axis: Bold As Love", ein Quantensprung, was Sound und Songs angeht. Die damals übliche 4-Spur-Aufnahmetechnik reizte Hendrix dermaßen wirkungsvoll aus, dass das Album im Nachhinein als eine prähistorische Dolby-Surround-Spielwiese betrachtet werden muss.

Dies zu toppen, war das größte erklärte Ziel des fanatischen Gitarrentüftlers; und so kam es, dass sein penibler Perfektionswahn, gepaart mit kreativer Manie und physischer Erschöpfung, und eine für damalige Verhältnisse absurd lange etwa achtmonatige Produktionsphase "Electric Ladyland" im Herbst 1968 zum letzten Album des Experience-Trios machten. Trotz aller Opfer - Jimi hatte erreicht, was er wollte. Das Doppelalbum verdichtete die mentalen Erfahrungen und hoch entwickelte Performance der beiden Vorgänger zu einer neu geschaffenen Meta-Ebene der Instrumentierung. Die Blaupause für alles, was im modernen Rock noch kommen sollte, war erschaffen worden.

Nach dem selbst induzierten Auseinanderfallen seiner Band zog es Hendrix "zurück zu den Ursprüngen". Mit Billy Cox, einem Freund aus Jugendtagen, und Buddy Miles scharte er zwei schwarze Musiker um sich, die den R&B, Soul und Blues mit einer ebenso rohen wie funky Spielweise zelebrierten. Man nannte sich "Band of Gypsys", ein absichtlich falsch geschriebenes Zugeständnis an den ausufernden, bunt-verrückten Kleidungsstil von Hendrix und seinem Umfeld sowie der hellen Haut seiner Mutter, die in jungen Jahren oft für ein "Zigeuner-Kind" gehalten wurde. Pünktlich zum Dekadenwechsel absolvierte die Truppe in zwei Tagen vier Gigs im New Yorker Fillmore East. Sechs Stücke dieses Konzert-Marathons landeten schlussendlich auf dem Live-Manifest "Band of Gypsys". Zwar stand auch hier die Virtuosität von Hendrix' Gitarre im Mittelpunkt allen Geschehens, indes zimmerten Bassist Cox und Schlagzeuger Miles einen von afrikanischer Rhythmik geprägten prototypischen Crossover um die Saiten-Arrangements herum, was die Musik der Gypsys oftmals wie brettharten Funk klingen ließ.

Jimi Hendrix - E

Der herausragenden Kreativität und die damit einhergehende allgemeine Wertschätzung von Hendrix' Output schienen keine Grenzen gesetzt. Er war ganz oben, doch folgerichtig temporeich eben auch sein Leben: Die ständigen, oft mehrmals täglichen, Live-Auftritte - auf die endlose Studio-Experimente und Party-Exzesse folgten - forderten ihren Tribut. Um in seiner Leistung nicht nachzulassen, nahm Hendrix Aufputschmittel, aber auch Schlaf- und Beruhigungsmittel, um wieder runter zu kommen. Im Verbund mit Alkohol und Drogen unterschiedlicher Art musste es irgendwann zum Fall der Fälle kommen. Obwohl die junge Deutsche Monika Dannemann in der Nacht zum 18. September 1970 neben ihm nächtigte, bemerkte sie zu spät, dass ihr Angebeteter am eigenen Erbrochenen erstickte. Mit gerade mal 27 Jahren.

Bald jährt sich dieses Ereignis also zum vierzigsten Mal. Grund genug, diese unsterblichen Klassiker via Wiederveröffentlichung durch Sony Music erneut ins Gespräch zu bringen. Zudem bringt das Label dieser Tage "Valleys Of Neptune" auf den Markt, eine (nicht nur klanglich) großartige Ansammlung bisher unveröffentlichten Materials und Alternativ-Versionen bekannter Songs. Aber ganz egal, was man in Zukunft vielleicht noch in den Archiven findet - das Erbe von Jimi Hendrix ist und bleibt auch so einzigartig. ~ Constantin Aravanlis (teleschau)


Interviews, Stories, Meldungen und CD-Kritiken zu Jimi Hendrix

Perfektionist und Partyhengst

"Valleys Of Neptune" enthält bislang unveröffentliches Material von Jimi Hendrix
Perfektionist und Partyhengst

Jimi Hendrix liebte das Leben und er liebte die Gegensätze. Dem nimmermüden Party-Hengst und Womanizer stand ein höflicher, schüchterner und bescheidener Zuhörer gegenüber. Seinem Streben nach Extremen folgte ebenso ein unbändiger Wille Gitarre zu spielen. Egal wie lang, egal wie oft. Egal, ob Rhythmus- oder Solo-Gitarre, am besten beides parallel, in verschachtelte Ebenen arrangiert. Schon damals einzigartig, dauert die Faszination und Bewunderung, die der Gitarrengott hervorruft und... mehr »


Weitere Meldungen zu Jimi Hendrix


CD-Kritiken zu Jimi Hendrix-Alben