Kool Savas

Punchlines aus dem Hotelzimmer


Kool Savas poltert auf hohem Niveau

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Punchlines aus dem Hotelzimmer

Kool Savas poltert auf hohem Niveau

17.10.2008 So lange ist es noch gar nicht her, dass Kool Savas der Bad Boy des Deutschrap war. Er polterte, schimpfte, fluchte - und zog es vor, irgendwie Underground zu bleiben. Als in den letzten Jahren Sido und Bushido die Krone des Gangstarap unter sich aufteilten, veröffentlichte er nur Mixtapes, erst mit seinem zweiten Soloalbum "Tot oder lebendig" (2007) machte er wieder auf sich aufmerksam. Mit "Die John Bello Story 2" erscheint jetzt eine neue CD des Neu-Stuttgarters. Darauf zeigt er: Er kann noch immer kontrovers sein, zielt mit seinen Punchlines immer noch dahin, wo's wehtut - das Niveau, das stimmt aber trotzdem noch.

Auf Deinem letzten Album hast Du mit eher wenig Kraftausdrücken gearbeitet. Auf "Die John Bello Story Vol. 2" geht's wieder etwas heftiger zur Sache ...

Kool Savas - A

Kool Savas: Ist das denn so?

Fällt das Dir denn nicht auf?

Kool Savas: Nein, ich merke aber natürlich einen Unterschied, der aber gar nicht so viel mit den Texten zu tun hat. Es ist anders, weil die letzte Platte ja ein richtiges Album war und das hier eher ein Mixtape ist. Aber was meine Raps angeht: Da hat sich für mich von Gefühl her nichts verändert. Es muss gut sein. Wenn es nicht gut ist, dann nehme ich den Song nicht her.

Besteht von der Herangehensweise ein Unterschied?

Kool Savas - \"

Kool Savas: Doch schon, ein Mixtape ist mehr Halligalli. Ich kann aber gar nicht sagen, was mir mehr Spaß macht, was besser ist. Ein Mixtape geht leichter rein, hat aber natürlich nicht die Nachhaltigkeit eines Studioalbums. Meine Alben soll man länger hören. Ich sehe mich da auch selbst auf der Bühne. Das sind Songs, die ich lange performen kann und die den Leuten lange etwas geben können. Bei dem Mixtapeshit ist es mehr auf kurzweiliges Entertainment gebürstet.

Wie kam der diesmal zustande?

Kool Savas: Nach und nach. Wir haben nicht wirklich konsequent an dem Ding gearbeitet. Wir chillten einfach ein bisschen in Heidelberg herum, saßen auf dem Balkon und guckten aus dem Fenster. Da standen zwei Pferde, Bäume, lauter so ein Mist. Von Zeit zu Zeit kamen ein paar Besucher, und wir machten Tracks und so. Aber lange passierte auch nichts, dann kam die Tour - hätte auch schneller gehen können. Aber ein Jahr zwischen den Sachen, das geht ja.

Wer ist an Gästen drauf?

Kool Savas: Es ist sehr familiär geblieben - bis auf den "Der Beweis"-Remix, wo ja Gott und die Welt mitrappt, ist es nicht so die Feature-Attacke. Es ist alles sehr klein gehalten, sonst wäre es auch nicht gegangen.

Nur einer der Beats ist von Deiner Stammproduzentin Mel - warum?

Kool Savas: Ganz schwieriges Thema. Sagen wir es so: Die Beats von Mel sind einfach so wertvoll, da kann ich nicht irgendeinen Scheiß drauf labern. Wir haben einfach eine ganz andere Beziehung, eine viel engere. Sie beschwerte sich auch, aber ihr Zeug brauch ich eher für die Alben.

Was fällt Dir von den Texten her leichter? Etwas so Battle-mäßig rausspucken oder Storytelling?

Kool Savas: Das Battle-Ding kann ich jederzeit machen. Ich kann da jeden Witz benutzen. Wenn ich jetzt hier das Hotelzimmer sehe, könnte ich aus allem einen Diss bauen. Alleine dieser Teppich ist so hässlich, ich könnte kotzen. Oder dieses Arschgeweih über dem Bett - welcher Innenarchitekt hat denen das vorgeschlagen? Der muss es doch böse gemeint haben. Oder er war blind. Wenn man den eigenen Style hat, ist das überhaupt kein Problem. Man geht halt unter, wenn man anfängt, sich an anderen zu orientieren. Bei Storytelling ist es ähnlich. Wenn man die Geschichte schon hat, isses kein Thema. Dann musst du die ja nur noch in Reime packen. Wer versucht, irgendwas zu konstruieren, der geht baden.

Die Außenwirkung ist im HipHop extrem wichtig - als neulich ein Privatsender in der Reality-Doku "Der Bluff" einen Feingeist zum HipHopper wandelte, war die Klamotte fast das Wichtigste ...

Kool Savas: Ja. Das war krass schlimm anzusehen, 'ne Mischung aus Lachen, Weinen, Verzweiflung. Nichts gegen die Leute, die da mitgemacht haben, viele von denen sind authentisch, ob man sie mag oder nicht. Aber was im Endeffekt dabei herausgekommen ist, war nicht positiv für HipHop. Da wurde jedes Klischee, das es gibt, bedient. Warum muss da plötzlich Lady Bitch Ray herumstehen? Und warum müssen wirklich alle Raps gleich schwulenfeindlich sein? Die Texte waren das Schlimmste, was möglich war. Da braucht man sich nicht wundern, dass niemals ein Rapper bei Thomas Gottschalk auftreten wird. Ich würde mein Kind nicht Rapper werden lassen, nicht nach dieser Sendung.

Ist es frustrierend, sein eigenes Label schließen zu müssen, obwohl HipHop in den Mainstream-Medien stattfindet, obwohl Deutschrapper wie Bushido und Sido die Charts anführen?

Kool Savas: Ach, gerade weil diese Sachen so bekannt sind, haben es die Kleinen schwerer. Weil es plötzlich als peinlich gilt, Battle oder Freestyle zu machen. Jemand wie Bushido, der hat mit HipHop ja nichts zu tun. Der sagt ja selbst, dass er kein HipHopper ist, dass ihn das alles nicht interessiert. Das ist schade, der könnte sicher was bewegen. Aber er tut es nicht.

An Deinem Label Optik ging der kommerzielle Trend also vorbei. Kaufen Deine Fans nicht genügend CDs?

Kool Savas: Es kamen schon Leute und haben sich mit gebrannten CDs Autogramme geholt. Aber ich kann da nicht viel machen. Die, mit denen ich rede sind eh diejenigen, die Geld ausgeben, die Shirts und so kaufen. Denen kann ich nicht sagen, dass sie noch mehr Kohle latzen sollen. Aber im Prinzip nützt das alles nichts mehr. Das mit CDs, das ist einfach erst mal vorbei. Man müsste es den Leuten halt irgendwie beibringen: Niemand spuckt mehr auf die Straße, niemand pinkelt an irgendeine Ecke. Das mit CDs, das ist einfach erst mal vorbei. ~ Jochen Overbeck (teleschau)


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