Was Kinski und R. Kelly verbindet
Kool Savas' "John Bello Story" geht in die dritte Runde
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Was Kinski und R. Kelly verbindet
Kool Savas' "John Bello Story" geht in die dritte Runde
15.03.2010 Was Innenarchitekten sich einfallen lassen, wenn ihnen langweilig ist, macht nicht immer Sinn. Ein gutes Beispiel dafür ist der Konferenzraum des Berliner Hotels, in dem Kool Savas seine Interviews gibt. Dieser ist teilweise verglast. Das bedeutet, dass man sehen kann, wer so den Gang entlangläuft. Das bedeutet aber auch, dass jeder reinschauen kann. Einer der üblichen Wirtschaftsreisenden (grauer Anzug, graue Haare, vermutlich grauer Blackberry) bleibt einmal kurz stehen und guckt. Recht lange, bestimmt eine halbe Minute. Später geht Melanie vorbei. Savas' Ex-Freundin, jetzt gute Freundin, immer noch seine Haus- und Hofproduzentin. Der Rapper holt sie kurz rein. Küsschen, dann geht's weiter. Ein Gangster-Rapper? Nö. Einer, der immer authentisch blieb? Auf jeden Fall. Jetzt erscheint "John Bello Story III" - kein Album im klassischen Sinne, sondern ein sogenanntes Mixtape, das unter anderem Azad, Olli Banjo und Curse als Gäste hat.
Der zweite Teil der "John Bello Story" ist gerade einmal eineinhalb Jahre her. Eigentlich hat jeder mit einem "richtigen" Savas-Album gerechnet ...
Kool Savas: Du hast recht - und eigentlich war das auch alles ganz anders geplant. Wir wollten etwas Neues mit MMS (Kollaboration von Savas, Melbeatz und dem Sänger Moe) herausbringen, dann stand noch eine andere Zusammenarbeit im Raum, und schließlich in der Tat mein neues Soloalbum. Aber wir hatten noch nicht genug. Und machten also erst mal das hier. Weißt Du, man muss ja solche Projekte auch finanziell stemmen können. Und da muss man sich so eine Art Fell anfressen. Dafür ist John Bello immer gut, weil es sich mit relativ wenigen Mitteln verwirklichen lässt.
Dennoch hat man beim Hören von "John Bello Story III" oft den Eindruck, dass Du das Genre Mixtape und Battle verlässt und teilweise wie an einem klassischen Album arbeitest. Siehst Du das genauso?
Kool Savas: In der Tat wurden unsere Ansprüche während der Aufnahmen immer höher. Wir haben uns dann mit dem Gedanken angefreundet, so eine Art Hybrid zu machen. Guter Rapper, gute Produktion, guter Gesang. Es war uns wichtig, Moe draufzunehmen. Auch, um zu zeigen, was der Typ alles kann.
Wie wichtig ist denn noch der klassische Battle-Aspekt? Macht das Rappen Dir mehr Spaß, wenn Du Dich mit anderen misst?
Kool Savas: Das macht total Spaß. Weil es ja etwas sehr Freundschaftliches ist. Typen wie Olli Banjo und Mo Trip liebe ich einfach. Die beiden waren bei den Aufnahmen meistens dabei. Wenn einer dann einen geilen Part vorrappt, will man natürlich auch was Gutes abliefern. Da entsteht dann eine Art positiver Wettbewerb. Wir hatten ein Studio, in dem tatsächlich alle pennen können. Das machte es viel leichter und sorgte auch für eine richtig konzentrierte Stimmung.
"Weg nach draußen" ist eine Soul-Ballade, die inhaltlich so ein bisschen R.Kelly hochnimmt ...
Kool Savas: Ich höre tatsächlich viel R. Kelly. Dieser Vibe fällt mir echt heute total leicht. Es war vier Uhr nachts, als wir den Song aufnahmen. !Bazz, der die Platte größtenteils gemeinsam mit Melbeatz produzierte, saß da, spielte mit irgendwelchen Drumpatterns rum, legte dann noch 'ne Fläche drauf. Und dann machten wir halt so 'nen R'n'B-Text, den ich am total schnell einsang. Am Ende legten wir noch Elastic Audio drüber, das ist so was Ähnliches wie Autotune. Es sollte halt alle Klischees erfüllen, die es in dem Genre gibt. Inhaltlich ist das natürlich totaler Unsinn.
Eine ernsthafte deutschsprachige Variante von R'n'B und Soul in der Usher- oder R.Kelly-Spielart entwickelte sich über die letzten Jahre kaum - woran liegt das?
Kool Savas: Keine Ahnung. Also, dieses Autotune-Zeug haben ein, zwei Leute hierzulande in den Hooks schon versucht. Aber es ist jetzt auch nicht so richtig geil, finde ich. Und was R. Kelly angeht: So was wie der macht halt hier einfach keiner. Das Geile an dem ist ja, dass es zu ihm passt. Der ist so ein richtig schmieriger Typ, deshalb kommt das so glaubwürdig rüber. Die Leute hier würden nie so übers Ficken singen wie er. Die haben einfach einen Stock im Arsch. Ich selbst kann mich da nicht ausnehmen. Ich war voll der R'n'B-Hasser, voll der Rap-Nazi. Aber mittlerweile feier ich das sehr. Das ist Balsam für meine Seele. Ich penn' gerne, ich guck' gerne Filme. Dazu ist R'n'B halt super.
Ein weiteres Highlight ist "Mach doch deinen Scheiss", in dem Du die legendären Wutausbrüche Klaus Kinskis sampelst. Wie kam's dazu?
Kool Savas: Recht einfach. Olli Banjo saß im Studio und hatte Kinskis Autobiografie in der Hand. Ich fragte ihn, was er da gerade so liest und fand das dann total geil, weil ich Kinski auch immer krass feier. Irgendwann hingen wir dann vor Youtube herum und schauten uns diese Videos an. Jeder fand's geil - und das haben wir dann halt als Basis für den Song genommen.
In "Die John Bello Story" erzählt Franky Kubrick Dein Leben. Wie hat er sich auf den Track vorbereitet und wer hat den Text geschrieben?
Kool Savas: Ich hab ihm alles erzählt. Mein ganzes Leben. Er hat mitgeschrieben, am Ende hatte er über zehn Seiten Papier vor sich. Dann schrieb er den Text, und wir gingen zusammen noch einmal drüber.
Ist so eine Draufsicht auf Deine Geschichte für Dich seltsam?
Kool Savas: Es war schon ganz schön emotional, mit ihm zusammenzusitzen. Und auch wenn ich den Song jetzt höre, ist es das noch. Ich glaube, dass ein normaler Hörer das alles jetzt als nicht so krass empfindet. Aber es geht eben auch um Dinge, die mir als Kind passierten. Und die prägten mich natürlich. Ich bin froh, dass ich nicht in jungen Jahren einen Elternteil verloren habe oder so. Das ist sicher noch schlimmer, noch schwerer zu verkraften. Aber mein Vater musste in der Türkei ins Gefängnis. Er wurde politisch verfolgt. Zu wissen, dass der gefoltert wird und unsicher zu sein, ob der da überhaupt wieder rauskommt, war für mich mit meinen sechs Jahren schon heavy. Und die ganze politische Situation: Es gab damals regelmäßig Schießereien zwischen dem Militär und den Linken - irgendwann mussten wir halt wieder zurück nach Deutschland, weil ja auch uns etwas passieren konnte. Der Familie etwas anzutun, war eine beliebte Foltermethode.
Hast Du in Berlin Leute mit einem ähnlichen Schicksal getroffen?
Kool Savas: Nein, gab es nicht. Also, natürlich gab es Leute aus allen möglichen Ländern an der Schule, aber ich habe nie jemand anderes kennengelernt, der die Türkei verlassen musste, weil seine Familie politisch verfolgt wurde.
Kool Savas auf Deutschland-Tournee
10.05., Osnabrück, Rosenhof
11.05., Bremen, Modernes
12.05., Flensburg, Max
13.05., Hamburg, Docks
14.05., Berlin, Astra
15.05., Dresden, Eventwerk
16.05., Rottweil, Kraftwerk
18.05., Nürnberg, Hirsch
19.05., Mannheim, Alte Feuerwache
20.05., Würzburg, Posthalle
21.05., Ulm, Roxy
22.05., München, Backstage
26.05., Stuttgart, LKA Longhorn
27.05., Lindau, Club Vaudeville
29.05., Freiburg, Haus der Jugend
30.05., Kaiserslautern, Kammgarn
01.06., Kassel, Nachthallen
02.06., Neu-Isenburg, Hugenottenhalle
03.06., Köln, Live Music Hall
04.06., Hannover, Capitol
05.06., Münster, Skaterspalace ~ Jochen Overbeck (teleschau)
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