Welche Metal-Band hat weltweit das abstoßendste Outfit? Richtig, "Slipknot". Mit ihnen verglichen, könnten "Gwar" oder "Lordi" an einem Schönheitswettbewerb teilnehmen. Das liegt natürlich nicht an ihrer jeweiligen natürlichen Physiognomie (die bekommt man ja schließlich nicht zu Gesicht), sondern an den Masken, hinter denen sie sich verstecken. Einerseits mag es wohl eine Marketing-Strategie sein, andererseits spielen sie auf diese Weise mit den in allen Menschen steckenden Ängsten, deren Bilder sie nach der Devise "Wir zeigen Euch, vor wem wir Angst haben und vor wem ihr Angst habt" heraufbeschwören. ~ Metal Channel aufklappen »
Womit sie also diejenigen, die ihnen Angst einjagen, selber ängstigen wollen. Ob ihnen das tatsächlich bewusst ist, sei dahingestellt. In jedem Fall liefern sie einen Output ab, dem man sich trotz der durch Reizüberflutung erzeugten allgemeinen Abgestumpftheit nicht entziehen kann, somit eine Grenzüberschreitung darstellt. Auch wird die verdrängte Sehnsucht nach dem Schönen dadurch transzendiert. Als wäre eine einzige hässliche Fratze nicht schon genug - nein, "Slipknot" treten auch nicht als Quartett oder Quintett auf - sie sind gleich zu neunt unterwegs - einer hässlicher als der andere.
Zudem sind sie praktischerweise durchnummeriert (von null bis acht - die Ziffern stehen auch auf den Overalls) - schliesslich kann man bei soviel Hässlichkeit schnell mal die Übersicht verlieren. Nun - Hässlichkeit zur Schau stellen ist nicht alles, was "Slipknot" können. Sie machen nämlich auch noch Musik - die sich durchaus hören lassen kann. Es ist brutaler thrashiger emotional geladener aggressiver Metal, der, gepaart mit der Live-Show, nahezu schon Gesamtkunstwerk-Charakter hat. Gestartet sind sie 1994 in Des Moines / Iowa / USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und genauso unbegrenzten Geschmackslosigkeiten, wie man sieht.
Ein Jahr später kam ihr selbstproduziertes Album "M.F.K.R." heraus, das aber niemanden interessierte und somit zunächst im Mülleimer der Musikgeschichte verschwand. Irgendwie schafften sie es aber vier Jahre später, ein professionell produziertes Album zu veröffentlichen, sinnigerweise "Slipknot" genannt. Damit ging es erfolgsmäßig bergauf. Plötzlich war "Slipknot" in aller Munde - unabhängig von ihrem Auftreten kam ihr Sound, zunächst bei den New-Metal-Fans, gut an. Ihr zweites Album "Iowa" (2000) schaffte es sogar in die Edelmetall-Riege - Platin wurde ihm zuteil, ebenso ein dritter Platz in den "Billboard Magazine Album Charts" und ein erster Platz in den "UK Album Charts".
Es folgte eine längere Pause, die einzelne Mitglieder für ihre (Neben-)projekte nutzten. 2004 erschien "Vol. 3 (The Subliminal Verses)", gefolgt 2005 von der Live-Doppel-CD "9.0: Live". Schwachsinniger- und fälschlicherweise wurden "Slipknot" mit dem "Amoklauf von Erfurt" vom 26.04.2002 am dortigen Gutenberg-Gymnasium in Verbindung gebracht, bei dem ein Schüler gezielt mehrere Lehrer, Schüler, einen Polizisten und danach sich selbst erschossen hatte. Das lag an der komplett falschen Berichtserstattung einer britischen Zeitung ("The Sun") - man fragt sich, wie so oft, was die Journalisten und Redakteure sich dabei denken - die einen Text "Shoot your naughty teachers with a pump gun" abdruckte, von dem sie behauptete, er käme in einem "Slipknot"-Song vor.
Das war gelogen, aber die Verbindung zu "Slipknot" war damit hergestellt. Dieser Unsinn müsste eigentlich totgeschwiegen werden, dennoch zieht er Kreise, denn ernsthafte Redakteure werden dadurch gezwungen, über eben diese Lügen zu schreiben, um sie zu berichtigen - das geht leider nicht, ohne die Lügen zu erwähnen. Es sei noch kurz gesagt, dass der genannte Amoklauf von selbsternannten Sittenwächtern und sonstigen Moralaposteln, seien sie auch staatlich legitimiert, zum Anlass genommen wurde, über die in Computerspielen und Medien dargestellte Gewalt herzuziehen - natürlich ohne sich (in ihrer nahezu grenzenlosen Bewusstlosigkeit) über die wirkliche Herkunft oder Präsenz von Gewalt zu äußern, die im Übrigen durch ihr tägliches Verhalten mitverursacht wird.
Klar - mag sein, dass der Täter 3-D-Ego-Shooter gespielt hat. Genauso hat er aber sicherlich hin und wieder mal einen Cheeseburger verdrückt - dies mit einer solchen Tat in Verbindung zu bringen, wäre exakt die gleiche Ebene.
Line-Up - Sid Wilson (Nr. 0) - Mischpult, Joey Jordison (Nr. 1) - Schlagzeug, Paul Grey (Nr. 2) - Bass, Chris Fehn (Nr. 3) - Percussions, Jim Root (Nr. 4) - E-Gitarre, Craig Jones (Nr. 5) - Mischpult, Shawn Crahan (Nr. 6) - Percussions, Mick Thompson (Nr. 7) - E-Gitarre, Corey Taylor (Nr. 8) - Gesang