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Eine goldene Palme für den Größenwahn


Die beeindruckendsten Boxsets zu Weihnachten

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Eine goldene Palme für den Größenwahn

Die beeindruckendsten Boxsets zu Weihnachten

17.12.2009 Arme Wohlstandsgesellschaft. Weil ein jeder, der irgendetwas braucht, es sich in aller Regel gleich kauft, herrscht an Weihnachten Ratlosigkeit: Was soll man bloß schenken? Die Antwort kennt seit einiger Zeit die Musikindustrie. Die immer ausgefalleneren, schwergewichtigeren und exklusiveren Boxsetangebote, die man dem kaufkräftigen Kundensegment unter die Sammlernasen hält, sind garantiert ohne größeren Nutzwert. Zumal die CDs und DVDs den ausgeklügelten Verpackungen teils recht diffizil zu entnehmen sind. In einem Wort: purer Luxus. Mit dem gängigen Verständnis von Pop als Gegenwarts- und Jugendkultur hat das Prinzip Boxset fast gar nichts mehr zu tun. Wie ein Blick auf die buntesten Blüten des adventlichen Reissue-Katalogs schnell zeigt, läuft schon die Auswahl der Künstler jedem solchen Anflug zuwider.

Welcher Interpret würde besser zur Jahreszeit und zur Zielgruppe passen als Frank Sinatra? Dass es überhaupt noch unentdecktes Material des 1998 verstorbenen Crooners gibt, überrascht. Doch für eine edle Hochkantbox mit vier Live-CDs und einer Konzert-DVD reicht es offenbar immer noch. Zwar feierte der epochemachende Entertainer die größeren Erfolge an der gegenüberliegenden Küste, doch auch "New York", so der Titel der Box - war stets ein gutes Pflaster, das zeigen die Mitschnitte aus der Carnegie Hall, dem Madinson Square Garden und anderen erlesenen Auftrittsorten aus den Jahren 1955 bis 1990. Die berühmte Hymne an den Big Apple, erst 1979 erschienen, findet sich folglich allein auf den späteren Aufnahmen. Durchgängig unterhaltsam ist das nicht immer essenzielle Material allerdings dank launiger Anekdoten des glamourösen Stars.

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Wenn Vati in den 60er- und 70er-Jahren eher rebellisch unterwegs war, könnte "Get Yer Ya-Ya's Out! The Rolling Stones In Concert" die passende Geschenkidee sein. Zum 40. Jahrestag des berühmten Stones-Gigs im Madison Square Garden erscheint der originale Mitschnitt, 1970 erstmals auf LP veröffentlicht, mit Bonusmaterial und gebundenem Fotoband in der Jubiläumsedition. Eine DVD kompiliert rares Filmmaterial von der Show und abseits der Bühne. Zwei Bonus-CDs beinhalten unveröffentlichte Tracks, darunter die Sets von B.B. King und Ike & Tina Turner - was für Opening-Acts! Die "Super Deluxe Edition" bietet darüber hinaus drei Vinyl-LPs sowie ein Poster.

Ebenfalls eine Jubiläumsausgabe ist die weinrote Sammlerbox zum 84er-U2-Werk "The Unforgettable Fire". Bonussongs, eine DVD mit Promotionclips, einen Pappschuber voller Kunstdrucke sowie ein gebundener Begleitband vervollständigen die feierliche Ausgabe des hypnotischen, nicht ganz makellosen Klassikers der Iren, der nun ein Vierteljahrhundert alt ist.

Ob AC/DC die richtige Wahl fürs Weihnachtsambiente sind, wäre die Frage. Doch seit sich sogar adelige Bundesminister Fan-T-Shirts der australischen Rockdinos übers Hemd streifen, scheint deren anarchisches Potenzial auch nur noch halb so wild. "Backtracks" zementiert das amtliche Erbe der befähigten Kraft- und Krachmeier: mit "Studio Rarities" auf CD eins, "Live Rarities" auf CD zwei sowie Promotionvideos und Making ofs auf DVD. Wer die "Deluxe Collector's Edition" über die Bandpage bestellt, bekommt zusätzlich Lithografien, einen Bildband und reproduzierte Memorabilia in einem angeblich funktionsfähigen Gitarrenverstärker geschickt.

Mit knapp 150 Euro Anschaffungskosten ist die große AC/DC-Box aber immer noch rund 15 Euro billiger als die "Complete Miles Davis Columbia Album Collection". 52 Alben nahm der große Jazz-Visionär beim heutigen Sony-Sublabel Columbia auf. Die finden sich nun garniert mit ein wenig Bonusmaterial und einem 250-seitigen Booklet verteilt auf 70 CDs in schnöden Pappschubern, die neuerdings Vinyl-Replika heißen. Ein etwas alberner Trend, zumal der audiophile Jazz-Feinschmecker eh nicht vom schwarzen Gold lassen wird.

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Gigantomanie mit Stil ist das "Island 50 Super Deluxe Boxset", mit dem das auf Jamaika gegründete Plattenlabel ein halbes Jahrhundert Musikgeschichte feiert. Auf drei Mal drei CDs finden die besten Acts der Katalogschwerpunkte ihren Platz: in der "Reggae Anthology" (Laurel Aitken, Jimmy Cliff, Black Uhuru), der "Folk-Rock Anthology" (Fairport Convention, Nick Drake, Sandy Denny) sowie der zusammenfassenden "Island Anthology" aus den Blütejahren 1967 bis 1972. Ein bisschen schade: Auch in den Folgejahrzehnten segelten zahllose exzellente Acts unter der Island-Fahne - von John Cale über Tom Waits, Grace Jones und Pulp bis Amy Winehouse -, die hier allesamt nicht berücksichtigt wurden. Dafür ist die goldene Palme, die stolz und formschön auf der Box thront, absolut pflegeleicht.

Das buchstäblich größte Schwergewicht - und das originellste Boxset dazu - stemmt in diesem Jahr das Liebhaberlabel Bear Family. "John Wayne's West In Music And Poster Art" verschreibt sich den künstlerischen Nebenerzeugnissen aus der Filmkarriere des bekanntesten O-Bein-Helden der Westerngeschichte: Soundtracks und Filmplakaten. Während die Farbposter und Aushangfotos den wuchtigen, 465 Seiten starken Hochglanzbildband schmücken, lädt der akustische Teil zur Pionierarbeit ein. Das Schöne: Wenn man auf zehn CDs akribisch nach den vergessenen Perlen aus 67 mal mehr, mal weniger langen Filmscores gefahndet hat, dürfte auch fast schon wieder Weihnachten sein. ~ Jens Szameit (teleschau)


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