Zeichen der Krise?
Der Ausblick ins Popjahr 2010 fällt bislang vergleichsweise mager aus
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Zeichen der Krise?
Der Ausblick ins Popjahr 2010 fällt bislang vergleichsweise mager aus
07.01.2010 Dass 2009 einmal mehr ein Jahr verdienter Pop- und Rockgrößen werden würde, stand eigentlich fast schon vorher fest. Denn wer Ende des letzten Jahres einen Blick in die Zukunft wagte, konnte bereits neue Alben von Bruce Springsteen, U2 und Depeche Mode kommen sehen. Und jene Superstars erfüllten die in sie immer gesetzten Erwartungen auch auf vorbildliche Art und Weise. Für 2010 wird man sich als Pophellseher etwas schwer tun. Denn ein Blick auf die zu erwartenden Alben des neuen Jahres fällt bislang vergleichsweise noch etwas mager aus. Doch ein Zeichen der Krise? Wahrscheinlich nicht. Denn einige sichere Highlights sind bereits auszumachen - mit viel mehr darf gerechnet werden.
Das gilt vor allem für den Monat Januar: Fast schon traditionell halten Plattenfirmen sich hier noch mit "großen" Veröffentlichungen zurück, dafür springen diverse kleinere Indieacts mehr als nur in die Bresche. Für einen ersten Höhepunkt sorgt dabei gleich am 8. Januar das zweite Album von Vampire Weekend. Mit ihrem selbst betitelten Debüt allerorten von der Kritik für ihre unbeschwerten Mix aus westlichem Indie-Pop und afrikanischen Musiktraditionen gefeiert, gibt das US-Quartett nun "Contra". Statt Indie-Gitarren regieren Synthesizer, und auch rhythmisch erweitern die New Yorker ihren Horizont - hin zu weltumspannenden und -umarmenden Pop.
Zwei Wochen später legen dann zwei schon verdientere Acts nach: Am 22. Januar erscheinen Tocotronics "Schall und Wahn" sowieso "Falling Down A Mountain" von den Tindersticks. Bei den Hamburgern ist der Titel dabei durchaus vielsagend: Das Quartett erforscht einmal mehr die Klangmöglichkeiten zwischen Art-Rock- und Punk-Attitüde, Shoegazing-Pop und Neil-Young-Gitarrensoli, setzt auf wahnsinnige bis wahnwitzige Texte. Auch bei den dunklen Romantikern um Sänger Stuart Staples - um es mit Herbert Grönemeyer zu sagen - bleibt alles anders. "Falling Down A Mountain" ist wunderschöner Dandy-Pop, meistens atmosphärisch dicht und voller düsterer Melancholie, dann wieder überraschend federleicht und luftig.
Im Februar rüsten sich dann die ersten "großen" Namen zur Rückkehr. Spektakulär verspricht dabei das erste Album der TripHop-Mitbegründer Massive Attack zu werden. "Heligoland", das am 5. Februar erscheint, ist ihr erstes Studioalbum seit acht Jahren und wartet mit einer sehenswerten Gästeliste auf: Tunde Adebimpe (TV On The Radio), Damon Albarn (Blur), Hope Sandoval (Ex-Mazzy-Star), Guy Garvey (Elbow) und Tricky-Sängerin Martina Topley-Bird sollen auf dem Album unter anderem zu hören sein.
Am gleichen Tag feiern auch Sade ihr Comeback. Ganze zehn Jahre ließ sich die Soul-Popkollektiv um Sängerin Sade Adu Zeit für "Soldier Of Love" Zeit. Ob die Band damit an die großen Erfolge der 80er- und frühen 90er-Jahre ("Smooth Operator", "No Ordinary Love") anknüpfen kann, wird sich aber erst noch zeigen müssen. Anknüpfen will sicherlich auch Alexandra Burke - am liebsten wahrscheinlich an die Erfolge von Leona Lewis. Denn der Vergleich liegt nahe: Beide Sängerinnen gewannen die britische Castingshow "The X Factor", beide fühlen sich im R&B- und Soul-affinen Pop wohl. In Großbritannien erschien Burkes Debüt "Overcome" bereits im Oktober 2009 - und schnellte dort auf Platz eins. Mit einiger Verspätung erscheint das Album am 12. Februar dann auch in Deutschland.
An jenem Freitag melden sich auch die finnischen Düster-Rocker von Him zurück: "Screamworks: Love In Theory And Practice" wird das sechste Werk der Band um Sänger Ville Valo heißen. Während Him in 13 Kapiteln die Liebe erforschen wollen, addieren Puddle Of Mudd noch ein wenig Hass: "Volume 4: Songs In The Key Of Love & Hate" soll der Titel des neuen Albums der US-Alternative-Rocker lauten und ebenfalls am 12. Februar erscheinen. Auf mehr härteren Gitarrenrock wird man dann noch eine Weile warten müssen: Die neuesten Werke von My Chemical Romance, Against Me! und Linkin Park sind bislang vage für das Frühjahr und den Sommer 2010 angekündigt.
Auch wenn die ganz großen internationalen Namen für 2010 noch auf sich warten lassen - und jede Spur von Herbert Grönemeyers schon vor über einem Jahr angekündigten englischsprachigen Album fehlt: Zwei deutsche Rockgrößen melden sich Anfang des Jahres ebenfalls zurück. Ab Ende Januar präsentiert Peter Maffay Hits aus den 40 Jahren seiner Karriere in neuen Arrangements. Mitte März legen dann die Scorpions nach, "Sting In The Tail" soll das neue Studioalbum der Hannoveraner Hardrocker heißen.
Über den Rest des Jahres darf dann nur noch spekuliert werden: Werden die fürs Frühjahr ins Haus stehenden Alben von Soul-Diva Duffy und Songwriterin Amy MacDonald ähnlich erfolgreich wie die jeweiligen Vorgängeralben? Bleiben die Indie-Elektro-Popper MGMT mit ihrem zweiten Album "Congratulations" die generationsübergreifende Konsensband, die sich durch ihre Hits "Time To Pretend" und "Kids" wurden? Werden Arcade Fire mit ihrem dritten Album, das im Mai erscheinen soll, endlich "die neuen U2", wie einst das britische Musikmagazin "NME" orakelte? Und die allergrößte Frage: Wird sich Amy Winehouse endlich völlig berappeln? Tatsächlich ein neues Album veröffentlichen, für das erste Aufnahmen angeblich bereits im Kasten sind? Das vermag auch der kühnste Pophellseher sicher nicht zu sagen. ~ Stefan Weber (teleschau)
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