Liebe, Frieden, Ausverkauf
Woodstock, das legendärste Musikfestival aller Zeiten, jährt sich zum 40. Mal
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Woodstock, das legendärste Musikfestival aller Zeiten, jährt sich zum 40. Mal
07.08.2009 Vielleicht brachte niemand die erhoffte Symbolkraft von Woodstock besser auf den Punkt als Max Yasgur. Der Farmer, auf dessen Grund und Boden in Bethel, New York, das Festival vom 15.-17. August 1969 stattgefunden hatte, stellte später fest, dass Woodstock ein Sieg für Frieden und Liebe gewesen sei. Er meinte sogar, dass das harmonische Miteinander von gut einer halben Million Besuchern als Vorbild zur Lösung der gesellschaftlichen Probleme Amerikas dienen könnte. Ob Woodstock wirklich der ultimative Ausdruck der Hippie-Ideale war, dem Festival tatsächlich politisch und gesellschaftlich historische Bedeutung beizumessen ist, darüber kann man streiten. Sicher aber ist: Dieses Musikfestival ist Musikgeschichte. Die nun zum 40. Jahrestag gleich mehrfach neu aufgerollt wird.
Auch wenn vielleicht noch große Namen der späten 60er-Jahre auf dem Festival fehlten - das Line-up liest sich immer noch wie ein "Who's Who" der Rockgeschichte: The Who, Joe Cocker, Joan Baez, Crosby Stills Nash (& Young), The Band, Ravi Shankar, Grateful Dead und Jimi Hendrix.
Die Aufbereitung des musikalischen Erbes, das Woodstock hinterlassen hat, begann bereits vor einigen Wochen. Zu fünf legendären Auftritten - von Janis Joplin, Santana, Sly & The Family Stone, Jefferson Airplane und Johnny Winter - legte Sony Music bereits vor einigen Wochen fünf Doppel-CDs mit dem Titel "The Woodstock Experience" vor. Diese beinhalten die 1969er-Studioalben der Musiker sowie deren Festival-Livemitschnitte auf einer zweiten CD. Zu entdecken gibt es hier einzelne bislang unveröffentlichte Schätze: Johnny Winters mitreißende Woodstock-Version von "Johnny B. Goode" und Janis Joplins extrem funkiges "Raise Your Hand" etwa.
Gerade angesichts dieser Veröffentlichungen lässt sich aber trefflich über die Kommerzialisierung des Festivals streiten. Denn ein bisschen nach Geldmacherei unter der sicherlich verkaufsfördernden Marke "Woodstock" riechen diese Zusammenstellungen schon. Aber: Für Fans der jeweiligen Künstler mag "The Woodstock Experience" eine nette Ergänzung im Plattenschrank sein. Und zudem sollte klar sein: Als rein musikalische Herzensangelegenheit war das Festival selbst zu keinem Zeitpunkt gedacht. Erst durch harte finanzielle Verhandlungen konnten einige der Headliner gewonnen werden. Und nur der unerwartete Besucheransturm und überrannte Kassenhäuschen zwangen die Veranstalter schließlich dazu, das Festival zum kostenlosen Spektakel zu erklären.
Was die fast 500.000 Besucher und die 33 auftretenden Musik-Acts aus diesen Voraussetzungen machten, bleibt - trotz aller Umstände - unvergesslich und wenigstens in der Rockmusikgeschichte einmalig. Den ungewöhnlichen Geist des Festivals, das abgesehen von einigen kleineren Unfällen und Verwüstungen sowie zwei Drogentoten tatsächlich im Sinne von "Peace, Love & Happiness" verlief, versucht nun das 6-CD-Boxset "Woodstock 40" einzufangen. Das Paket zeichnet nicht nur akribisch die Geschichte nach, sondern schreibt sie sogar teilweise neu: Von 77 Songs sind 38 bislang unveröffentlicht. Dazu gibt es Tracks, die versuchen, die Atmosphäre des Festivals einzufangen: Der große Regen, der nach Joe Cockers Auftritt auf das Gelände niederging und den Zeitplan durcheinander warf, die Ansagen der Veranstalter sind ebenso festgehalten wie - zum ersten Mal in voller Länge - die berühmte Rede von Max Yasgur, in der sich an die Festivalbesucher richtete. Zudem nimmt das Set für sich in Anspruch, die Auftritte erstmals in ihrer ursprünglichen Reihenfolge zu berücksichtigen - bislang fast eine Wissenschaft für sich.
Mit Folk-Sänger Richie Havens beginnend, dessen Woodstock-Version des Traditionals "Motherless Child" durch seinen Auftritt zum internationalen Hit wurde, sind die hier festgehaltenen Höhepunkte ungezählt. Und bilden die Musikszene der späten 60er-Jahre fast schon idealtypisch ab: The Who brillieren mit zwei Songs ihres epochemachenden Konzeptalbums "Tommy" ("Amazing Journey" and "Pinball Wizard"), Joe Cocker liefert mit seiner Version des Beatles-Klassikers "With A Little Help From My Friends" womöglich die Verbrüderungshymne schlechthin. Sly & The Family Stone begeistern mit einem Medley ihres nicht nur politisch hoch aufgeladenen, eklektischen Funk-Soul-Rock, während Creedence Clearwater Revival mit "Bad Moon Rising" ihren Südstaaten-Classic-Rock perfektionieren. Besondere Erwähnung verdient natürlich der Auftritt des letzten Künstlers des Festivalmarathons: Jimi Hendrix. Mit dem Hit "Purple Haze" und seinem "The Star Spangled Banner", bei dem er die US-Hymne förmlich in ihre Einzelteile zerlegt, ist der wohl beste Rockgitarrist aller Zeiten auf "Woodstock 40" vertreten.
Was neben unsterblichen Performances blieb? Nun, zumindestens im Falle Max Yasgurs neben diversen Huldigungen - die Band Mountain schrieb einen Song namens "For Yasgur's Farm" - auch jede Menge Ärger. Im Januar 1970 wurde er von seinen Nachbarn wegen diverser Schäden, die die Blumenkinder verursacht hatten, verklagt, knapp ein Jahr später verkaufte er die Farm - eine Geschichte ohne Happy End also. Was fast ein wenig bezeichnend für den oft beschworenen Mythos "Woodstock" ist. ~ Stefan Weber (teleschau)
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