Sind wir wieder Lena?
Lenas Konkurrenz beim Eurovision Song Contest 2011
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Sind wir wieder Lena?
Lenas Konkurrenz beim Eurovision Song Contest 2011
22.04.2011 Eigentlich kann sie nur verlieren. So lautete das nüchterne Fazit fast aller Euphorisierten, als Stefan Raab kurz nach Lena Meyer-Landruts Sieg beim Eurovision Song Contest 2010 in Oslo großspurig das Projekt "Titelverteidigung" ankündigte. Reicht es denn nicht, den europäischen Sangeswettbewerb nach 28 langen Jahren wieder nach Deutschland gebracht zu haben? Nein, es reicht nicht. Sonst wäre Raab ja auch nicht Raab - derjenige, der nie aufhört, wenn es am schönsten ist. Und Lena? Die hatte wohl keine andere Wahl - war sie zum Zeitpunkt ihres Sieges doch bereits eine lukrative Investition im Raab-Imperium. Fix wurde nach "Unser Star für Oslo" mit "Unser Song für Deutschland" ein weiteres Format aus dem Boden gestampft, bei dem die 19-Jährige an drei langen Abenden gegen sich selbst antrat. Mit "Taken By A Stranger" will sie nun das "Wunder von Oslo" wiederholen. Aber die Konkurrenz schläft nicht, wie ein Blick über Deutschlands Grenzen hinaus verrät ...
Zwar hat es selten bis nie funktioniert, den Eurovision Song Contest mit dem Erfolgsrezept des vorherigen Jahres gewinnen zu wollen. Doch das hindert weder Lena daran, 2011 ein zweites Mal anzutreten, noch diverse andere Nationen, eine Lena-Kopie ins Rennen zu schicken. Eines dieser Doubles ist die 19-jährige Maja Keuc aus Slowenien. Mit der rockigen Ballade "No One" will die brünette Schönheit, die bei "Slovenia's Got Talent" im letzten Jahr den zweiten Platz belegte und nicht zu Unrecht als "slowenische Anastacia" gehandelt wird, Europa von sich überzeugen. Auch Emmy aus Armenien ging mit der Ohrwurm-Nummer "Boom Boom" beim nationalen Vorentscheid als Siegerin hervor - im kurzen Schwarzen und mit etwas ungelenken Bewegungen wohlgemerkt. Ein Schelm, der Lena dabei denkt.
Daneben kopieren Anastasiya Vinnikova aus Weißrussland ("I Love Belarus"), Magdalena Tul aus Polen ("Jestem") und Anna Rossinelli aus der Schweiz ("In Love For A While") den Lena-Look, indem sie auf einen betont schlichten Auftritt setzen. Doch Grand-Prix-Deutschland hat wenig zu befürchten, denn innovativ ist das nicht. Die besten Chancen aus dem Lena-Segment hat noch der estnische Beitrag: Mit dem eingängigen Pop-Song "Rockefeller Street" könnte die süße Getter Jaani, ihres Zeichens jüngste Finalistin der estnischen Ausgabe von "Deutschland sucht den Superstar", das Publikum verzaubern. Unter den Buchmachern zumindest zählt die 18-Jährige schon zu den Favoriten des Wettbewerbs.
Vorausgesetzt natürlich, sie schafft den Einzug ins Finale: Am 10. und 12. Mai finden nämlich noch zwei Halbfinals statt, bevor am 14. Mai die große Final-Party in der Düsseldorf Arena starten kann. Lediglich Frankreich, Italien, Großbritannien, Spanien und Deutschland - die publikums- und finanzstärksten Mitglieder des Wettbewerbs-Veranstalters European Broadcasting Union (EBU) - sind sicher in der Endrunde.
Um auch dorthin zu gelangen, hatten die Slowakei und Irland die gleiche Idee: Beide Länder schicken Zwillingspärchen ins Rennen. Ob sich damit auch die Siegeschancen verdoppeln? Wirken die slowakischen Schwestern Daniela und Veronika alias TwiiNS ("I'm Still Alive") noch recht harmlos, ziehen John und Edward alias Jedward allein schon optisch die Blicke auf sich: In grellem Outfit und mit wasserstoffblonder Turmfrisur rocken die androgynen Brüder zu "Lipstick". Nach ihrem Auftritt bei "X-Factor" (2009) stürmten sie mit der Unterstützung von Vanilla Ice und dessen Hit "Under Pressure (Ice Ice Baby)" die irischen und britischen Charts. Keine Frage: Jedward sind einer der wenigen verrückten Hingucker des diesjährigen Eurovision Song Contest.
Die routinierte Grand-Prix-Guckerin wird auch folgende Kandidaten nicht verachten, die getrost als die "Schönlinge" des Wettbewerbs in einen Topf geworfen werden können: Christo Mylordos (Zypern, "San Aggelos S'Agapisa), Vlatko Ilievski (Mazedonien, "Rusinka"), Eric Saade (Schweden, "Popular") und Alexek Vorobjov (Russland, "Get You"). Doch so adrett die besagten Herren auch sind, das gewisse Etwas hat kaum einer von ihnen. Lediglich der Italiener Raphael Gualazzi ragt mit seinem jazzigen "Madness Of Love" zumindest musikalisch aus der hübschen Masse heraus. Die Buchmacher haben sich allerdings einen anderen Favoriten herausgepickt: Ginge es nach ihnen, ist mit dem 21-jährigen Franzosen Amaury Vassili und seiner wuchtigen Klassik-Arie "Sognu" schon der Gewinner gefunden.
Und wenn ein Herzensbrecher nicht reicht? Dann kürt man eben eine Boygroup zum nationalen Kandidaten. So geschehen in Großbritannien: Ohne die Hürde des Vorentscheids nehmen zu müssen, reisen die vier Jungs von Blue ("Sorry Seems To Be The Hardest Word") nach Düsseldorf. Mit dem Gute-Laune-Song "I Can" im Gepäck wollen sie die Schmach des letzten Jahres (Sänger Josh belegte mit "That Sounds Good to Me" den letzten Platz) wieder wettmachen.
Diverse Lena-Doubles also und noch mehr Schönlinge. Aber sonst? Kaum Spannendes. Die Belgier Witloof Bay gehören mit ihrer A-cappella-Beatbox-Nummer "With Love Baby" eindeutig zu den wenigen innovativen Beiträgen unter den 43 Teilnehmern, und die illustre portugiesische Truppe Homens da Luta ("A Luta É Alegría") ist den ein oder anderen Lacher wert. Apropos Innovation - die lässt sich bei so manchem Songtitel schmerzlich vermissen: Neben "Da Da Dam" (Paradise Oskar für Finnland) und "Ding Dong" (Dana International für Israel) setzt auch "Haba Haba" (Stella Mwangi für Norwegen) auf ein niedriges Mitsing-Niveau.
Sieht also gar nicht mal so schlecht aus für unsere Lena. Denn genau genommen gibt es nur einen Exoten beim 56. Eurovision Song Contest: Dino Merlin ("Love In Rewind"). Der 1962 in Bosnien-Herzegovina geborene Sänger ist mit Abstand der älteste Teilnehmer. Und er kennt sich aus: 1999 belegte er beim ESC-Finale in Jerusalem den siebten Platz. Mindestens das dürfte auch in Düsseldorf möglich sein.
Also ebenfalls ein Wiederholungstäter, wie übrigens auch Johnny Logan: Bereits zweimal gewann der irische Musiker den Eurovision Song Contest - 1980 in Den Haag und 1987 in Brüssel. Wie Lena ihre eigenen Chancen für den Doppel-Sieg einschätzt? "Ich gehe da jetzt einfach so rein, wie ich lustig bin, und dann klappt das schon", gibt sie gewohnt unbedarft zu Protokoll. "Hauptsache, ich werde nicht Letzte." Geht es nach den Buchmachern, ist ein Platz unter den Top Ten auf jeden Fall drin. ~ Christina Zimmermann (teleschau)
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